Ich bin Nihilist. Für mich ist alles sinnlos und nichtig. Kann ich Hegel ignorieren?

Diese Frage ist der beste Einstieg in mein, Hegels, Denken. Ihre Position, die Erfahrung des „Nichts“ – der Zusammenbruch aller fixen Werte, aller „Wahrheiten“, alles Sinns –, ist kein Irrtum. Es ist der entscheidende Moment der modernen Freiheit.

Sie können meine Philosophie nicht ignorieren, denn ich bin der einzige Philosoph, der Ihren Standpunkt ernst genommen und zu Ende gedacht hat.

1. Meine Philosophie beginnt mit dem Nihilismus

Andere Philosophen fliehen vor dem Nichts. Sie suchen verzweifelt nach einem neuen, festen Grund: dem „Nutzen“ (Empiristen), dem „Glauben“ (Theologen) oder dem „Sollen“ (Kant).

Ich nicht. Ich beginne dort, wo Sie stehen.

  • Die Wissenschaft der Logik beginnt mit dem „reinen Sein“ (siehe Glossar). Aber das reine, unbestimmte Sein ist nichts anderes als… das reine Nichts. Meine gesamte Logik, mein ganzes System, beginnt mit der Anerkennung der Identität von Sein und Nichts.
  • Die Phänomenologie des Geistes ist der „Weg der Verzweiflung“. Sie ist die Geschichte, wie das Bewusstsein jede Gewissheit verliert, von der es dachte, sie sei „wahr“ (die Sinne, die Dinge, die Moral, der Gott). Es ist die Erfahrung des totalen Nihilismus.

Ich weise Ihren Standpunkt nicht zurück; ich etabliere ihn als das Fundament.

2. Der Unterschied: Ist das „Nichts“ ein Ende oder ein Motor?

Hier ist der Punkt, an dem ich Sie gerne „abholen“ und weiterführen möchte.

  • Ihre Position (Nihilismus): Das Nichts ist das Ende. Es ist die letzte Wahrheit. Alles ist sinnlos. Punkt.
  • Meine Position (Spekulativ): Das Nichts ist nicht das Ende. Es ist die Negativität, die „Wurzel aller Bewegung und Lebendigkeit“ (siehe Widerspruch, siehe Glossar).

Das Nichts ist keine tote Leere; es ist eine Tat. Es ist die Arbeit des Negativen.

  • In der Logik ist das Nichts nicht das letzte Wort. Die Bewegung zwischen Sein und Nichts ist das „Werden“. Das Nichts produziert Wirklichkeit.
  • Ihr Nihilismus ist die erste Hälfte der Dialektik: die Negation. Sie haben das „Nein“ zur Welt gesagt. Sie haben aber versäumt zu sehen, dass dieses „Nein“ sich selbst negiert und produktiv wird.

3. Warum ausgerechnet die Rechtsphilosophie?

Weil die Rechtsphilosophie die Antwort auf den Nihilismus ist.

Sie als Nihilist sehen, dass alle alten Werte (Tradition, göttliches Recht) nichtig geworden sind. Sie stehen vor der Leere.

Die Rechtsphilosophie zeigt, wie der freie Wille (siehe Glossar) – der nichts als sich selbst (also das Nichts aller äußeren Autorität) zum Grund hat – fähig ist, sich aus sich selbst heraus eine eigene, vernünftige Welt zu bauen.

  • Das Abstrakte Recht (siehe Glossar) ist der erste Versuch, die Freiheit (die aus dem Nichts kommt) in einer Sache (Eigentum) zu fixieren.
  • Die Moralität (siehe Glossar) ist der Versuch, sie im Inneren (Gewissen) zu fixieren.
  • Die Sittlichkeit (siehe Glossar) ist die einzige erfolgreiche Lösung: Der Geist baut sich Institutionen (Familie, bürgerliche Gesellschaft, Staat), die nichts anderes sind als die objektiv gewordene Freiheit selbst.

Der Staat (siehe Glossar) ist kein „gegebener“ Sinn, an den Sie „glauben“ sollen. Der Staat ist die menschliche Konstruktion der Vernunft, die dem Nichts (der reinen, abstrakten Freiheit) Dasein gibt.

Fazit:

Sie können mich nicht ignorieren, weil ich der Vollender Ihres Nihilismus bin. Sie haben die absolute Freiheit als Negation erkannt. Ich zeige Ihnen, wie diese Negation arbeitet, wie sie sich selbst Institutionen gibt und wie sie sich in der Welt heimisch macht (siehe Versöhnung, siehe Glossar).

Mich zu lesen, bedeutet nicht, den Nihilismus aufzugeben. Es bedeutet, ihn zu Ende zu denken.