216

Für das öffentliche Gesetzbuch sind einerseits einfache, allgemeine Bestimmungen zu fordern, andererseits führt die Natur des endlichen Stoffs auf endlose Fortbestimmung. Der 368 Umfang der Gesetze soll einerseits ein fertiges, geschlossenes Ganzes sein, andererseits ist er das fortgehende Bedürfnis neuer gesetzlicher Bestimmungen. Da diese Antinomie aber in die Spezialisierung der allgemeinen Grundsätze fällt, welche fest bestehen bleiben, so bleibt dadurch das Recht an ein fertiges Gesetzbuch ungeschmälert, sowie daran, daß diese allgemeinen einfachen Grundsätze für sich, unterschieden von ihrer Spezialisierung, faßlich und aufstellbar sind.

Kommentare

Eine Antwort zu „216“

  1. Avatar von Eduard Gans
    Eduard Gans

    Vollständigkeit heißt die vollendete Sammlung alles Einzelnen, was in eine Sphäre gehört, und in diesem Sinne kann keine Wissenschaft und Kenntnis vollständig sein. Wenn man nun sagt, die Philosophie oder irgendeine Wissenschaft sei unvollständig, so liegt die Ansicht nahe, daß man warten müsse, bis sie sich ergänzt habe, denn das beste könne noch fehlen. Aber auf diese Weise wird nichts vorwärts gebracht, weder die geschlossen scheinende Geometrie, in der dennoch neue Bestimmungen hervortreten, noch die Philosophie, die es freilich mit der allgemeinen Idee zu tun hat, aber dennoch immer weiter spezialisiert werden kann. Das allgemeine Gesetz waren sonst immer die zehn Gebote; darum nun, weil ein Gesetzbuch nicht vollständig sein kann, das Gesetz „Du sollst nicht töten“ nicht aufstellen, erhellt sogleich als eine Absurdität. Jedes Gesetzbuch könnte noch besser sein, die müßige Reflexion darf dies behaupten, denn das Herrlichste, Höchste, Schönste kann noch herrlicher, höher und schöner gedacht werden. Aber ein großer alter Baum verzweigt sich mehr und mehr, ohne deshalb ein neuer Baum zu werden, töricht wäre es jedoch, keinen Baum der neuen Zweige wegen, die kommen könnten, pflanzen zu wollen.

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