Indem Eigentum und Persönlichkeit in der bürgerlichen Gesellschaft gesetzliche Anerkennung und Gültigkeit haben, so ist das Verbrechen nicht mehr nur Verletzung eines subjektiv Unendlichen, sondern der allgemeinen Sache, die eine in sich feste und starke Existenz hat. Es tritt damit der Gesichtspunkt der Gefährlichkeit der Handlung für die Gesellschaft ein, wodurch einerseits die Größe des Verbrechens verstärkt wird; andererseits aber setzt die ihrer selbst sicher gewordene Macht der Gesellschaft die äußerliche Wichtigkeit der Verletzung herunter und führt daher eine größere Milde in der Ahndung desselben herbei.
Daß in einem Mitgliede der Gesellschaft die anderen alle verletzt sind, verändert die Natur des Verbrechens nicht nach seinem Begriffe, sondern nach der Seite der äußeren Existenz, der Verletzung, die nun die Vorstellung und das Bewußtsein der bürgerlichen Gesellschaft, nicht nur das Dasein des unmittelbar Verletzten trifft. In den Heroenzeiten (siehe die Tragödien der Alten) sehen sich die Bürger durch die Verbrechen, welche die Glieder der Königshäuser gegeneinander begehen, nicht als verletzt an. – Indem das Verbrechen, an sich eine unendliche Verletzung, als ein Dasein nach qualitativen und quantitativen Unterschieden bemessen werden muß (§ 96), welches nun wesentlich als Vorstellung und Bewußtsein von dem Gelten der Gesetze bestimmt ist, so ist die Gefährlichkeit für die bürgerliche Gesellschaft eine Bestimmung seiner Größe oder auch eine seiner qualitativen Bestimmungen. – Diese Qualität nun oder Größe ist aber nach dem Zustande der bürgerlichen Gesellschaft veränderlich, und in ihm liegt die Berechtigung, sowohl einen Diebstahl von etlichen Sous oder einer Rübe mit dem Tode als einen Diebstahl, der das Hundert- und Mehrfache von dergleichen Werten beträgt, mit einer gelinden Strafe zu belegen. Der Gesichtspunkt der Gefährlichkeit für die bürgerliche Gesellschaft, indem er die Verbrechen zu aggravieren scheint, ist es vielmehr vornehmlich, der ihre Ahndung vermindert hat. Ein Strafkodex gehört darum vornehmlich seiner Zeit und dem Zustand der bürgerlichen Gesellschaft in ihr an.
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