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1. Das orientalische Reich

Dies erste Reich ist die vom patriarchalischen Naturganzen ausgehende, in sich ungetrennte, substantielle Weltanschauung, in der die weltliche Regierung Theokratie, der Herrscher auch Hoherpriester oder Gott, Staatsverfassung und Gesetzgebung zugleich Religion, so wie die religiösen und moralischen Gebote oder vielmehr Gebräuche ebenso Staats- und Rechtsgesetze sind. In der Pracht dieses Ganzen geht die individuelle Persönlichkeit rechtlos unter, die äußere Natur ist unmittelbar göttlich oder ein Schmuck des Gottes und die Geschichte der Wirklichkeit Poesie. Die nach den verschiedenen Seiten der Sitten, Regierung und des Staats hin sich entwickelnden Unterschiede werden, an der Stelle der Gesetze, bei einfacher Sitte schwerfällige, weitläufige, abergläubische Zeremonien, – Zufälligkeiten persönlicher Gewalt und willkürlichen Herrschens und die Gliederung in Stände eine natürliche Festigkeit von Kasten. Der orientalische Staat ist daher nur lebendig in seiner Bewegung, welche, da in ihm selbst nichts stet und, was fest ist, versteinert ist, nach außen geht, ein elementarisches Toben und Verwüsten wird. Die innerliche Ruhe ist ein Privatleben und Versinken in Schwäche und Ermattung.

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