101

Das Aufheben des Verbrechens ist insofern Wiedervergeltung, als sie dem Begriffe nach Verletzung der Verletzung ist und dem Dasein nach das Verbrechen einen bestimmten, qualitativen und quantitativen Umfang, hiermit auch dessen Negation als Dasein einen ebensolchen hat. Diese auf dem Begriffe beruhende Identität ist aber nicht die Gleichheit in der spezifischen, sondern in der an sich seienden Beschaffenheit der Verletzung – nach dem Werte derselben.

The annulment of the crime is retribution in so far as (a)
retribution in conception is an ‘injury of the injury’, and (b) since as
existent a crime is something determinate in its scope both
qualitatively and quantitatively, its negation as
existent is similarly
determinate. This identity rests on the concept, but it is not an
equality the specific character of the crime and that of its negation; on
the contrary, the two injuries are equal only in respect of their implicit
character, i.e. in respect of their ‘value’.

Kommentare

2 Antworten zu „101“

  1. Avatar von Eduard Gans
    Eduard Gans

    Die Wiedervergeltung ist der innere Zusammenhang und die Identität zweier Bestimmungen, die als verschieden erscheinen und auch eine verschiedene äußere Existenz gegeneinander haben. Indem dem Verbrecher vergolten wird, hat dies das Ansehen einer fremden Bestimmung, die ihm nicht angehört; aber die Strafe ist doch nur, wie wir gesehen haben, Manifestation des Verbrechens, das heißt die andere Hälfte, die die eine notwendig voraussetzt. Was die Wiedervergeltung zunächst gegen sich hat, ist, daß sie als etwas Unmoralisches, als Rache erscheint und daß sie so für ein Persönliches gelten kann. Aber nicht das Persönliche, sondern der Begriff führt die Wiedervergeltung selbst aus. “Die Rache ist mein”, sagt Gott in der Bibel, und wenn man in dem Worte Wiedervergeltung etwa die Vorstellung eines besonderen Beliebens des subjektiven Willens haben wollte, so muß gesagt werden, daß es nur die Umkehrung der Gestalt selbst des Verbrechens gegen sich bedeutet. Die Eumeniden schlafen, aber das Verbrechen weckt sie und so ist es die eigene Tat, die sich geltend macht. Wenn nun bei der Vergeltung nicht auf spezifische Gleichheit gegangen werden kann, so ist dies doch anders beim Morde, worauf notwendig die Todesstrafe steht. Denn da das Leben der ganze Umfang des Daseins ist, so kann die Strafe nicht in einem Werte, den es dafür nicht gibt, sondern wiederum nur in der Entziehung des Lebens bestehen.

  2. Avatar von Hegel
    Hegel

    [zu] § 101. Gesunder Menschenverstand[:] wie er getan hat, so soll ihm geschehen.
    Mit dem gesunden Menschenverstand sind die Juristen nicht mehr ausgekommen; – es wäre schon richtig, wenn sich nur erweisen, begreifen ließe –
    Wie er getan, so soll ihm geschehen, – innerer Zusammenhang – in Allgemeinheit, Vernunft – das in vorhergehendem §
    Wiedervergeltung drückt dies aus. Seite im vorherg. §.
    α) Wie er getan, soll ihm geschehen – Gesetztsein – es ist sein Wille, sein Gesetz. Das, was er getan, wird zu einer Macht, feindselig gegen ihn, – er hat sie erregt – die Eumeniden schlafen – treten erst hervor – gerufen. Es ist die eigene Tat, die sich an ihm geltend macht — das Allgemeine, wozu er jetzt das Besondere ist – vorher hat er einen andern darunter subsumiert – jetzt wird er darunter subsumiert. So hatte er es nicht gemeint – aber als Vernunft als Wille getan – Seine Besonderheit hat er nicht als Besonderheit angeschlagen – Verkehrung gegen ihn.
    Dies argumentum ad hominem – aus seinen Prinzipien Argumenten –
    Nur scheinend – subjektive besondere Seite – darum nicht an sich –
    β) Ad hominem – ob aber an sich?
    Nämlich
    α) ist ein positiver Wille, das Verbrechen, Verletzung der Freiheit – Dies läßt man in seinem Sinne gelten – Aber an sich ist es gerade das Gegenteil – Aus demselben Prinzip wird er gestraft – Unterschied nur, daß es gegen ihn – negativ – gekehrt wird; – es kommt ein Negatives an seinen Willen –
    formell, daß seine Tat allgemeine Regel, und daß er darunter subsumiert wird – dieser Zusammenhang, dieses Band erscheint als ein äußerliches. – Ansich ist der Inhalt – Positives, die Tat – Verkehrung in negativer Gestalt – Erscheinung.*
    Aber
    β) an sich, schon zuerst ist die Handlung nichtig – Säure, Kali – jene schon an sich neutral, so dieses.
    Allgemeinheit der Bestimmtheit im Menschen – Soll bestimmt erhalten, was er getan – dieser Umfang der Nichtigkeit, soll manifestiert werden.
    (Wiedervergeltung als etwas Persönliches unmoralisch – nur Gesetz soll strafen … )

    [zu § 101 Anm.]
    Moralische Seite – Schuld – Freiheit, Wollen als Inneres der Handlung – Ihr Umfang in dieser Rücksicht gehört dorthin –

    *[am Rande:] α) ist Erscheinung wegen [?] Gegensatz – αα) positive Tat Wille, ββ) negativ nachher, durch anderes, an ihn Kommendes.

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