141

Übergang von der Moralität in Sittlichkeit

Für das Gute, als das substantielle Allgemeine der Freiheit, aber noch Abstrakte, sind daher ebensosehr Bestimmungen überhaupt und das Prinzip derselben, aber als mit ihm identisch, gefordert, wie für das Gewissen das nur abstrakte Prinzip des Bestimmens, die Allgemeinheit und Objektivität seiner Bestimmungen gefordert ist. Beide, jedes so für sich zur Totalität gesteigert, werden zum Bestimmungslosen, das bestimmt sein soll. – Aber die Integration beider relativen Totalitäten zur absoluten Identität ist schon an sich vollbracht, indem ebendiese für sich in ihrer Eitelkeit verschwebende Subjektivität der reinen Gewißheit seiner selbst identisch ist mit der abstrakten Allgemeinheit des Guten; – die somit konkrete Identität des Guten und des subjektiven Willens, die Wahrheit derselben, ist die Sittlichkeit.

Das Nähere über einen solchen Übergang des Begriffs macht sich in der Logik verständlich. Hier nur so viel, daß die Natur des Beschränkten und Endlichen – und solches sind hier das abstrakte, nur sein sollende Gute und die ebenso abstrakte, nur gut sein sollende Subjektivität – an ihnen selbst ihr Gegenteil, das Gute seine Wirklichkeit und die Subjektivität (das Moment der Wirklichkeit des Sittlichen) das Gute, haben, aber daß sie als einseitige noch nicht gesetzt sind als das, was sie an sich sind. Dies Gesetztwerden erreichen sie in ihrer Negativität, darin, daß sie, wie sie sich einseitig, jedes das nicht an ihnen haben zu sollen, was an sich an ihnen ist – das Gute ohne Subjektivität und Bestimmung, und das Bestimmende, die Subjektivität ohne das Ansichseiende -, als Totalitäten für sich konstituieren, sich aufheben und dadurch zu Momenten herabsetzen, zu Momenten des Begriffs, der als ihre Einheit offenbar wird und eben durch dies Gesetztsein seiner Momente Realität erhalten hat, somit nun als Idee ist – Begriff, der seine Bestimmungen zur Realität herausgebildet und zugleich in ihrer Identität als ihr an sich seiendes Wesen ist. – Das Dasein der Freiheit, welches unmittelbar als das Recht war, ist in der Reflexion des Selbstbewußtseins zum Guten bestimmt; das Dritte, hier in seinem Übergange als die Wahrheit dieses Guten und der Subjektivität, ist daher ebensosehr die Wahrheit dieser und des Rechts. – Das Sittliche ist subjektive Gesinnung, aber des an sich seienden Rechts; – daß diese Idee die Wahrheit des Freiheitsbegriffes ist, dies kann nicht ein Vorausgesetztes, aus dem Gefühl oder woher sonst Genommenes, sondern – in der Philosophie – nur ein Bewiesenes sein. Diese Deduktion desselben ist allein darin enthalten, daß das Recht und das moralische Selbstbewußtsein an ihnen selbst sich zeigen, darein als in ihr Resultat zurückzugehen. – Diejenigen, welche des Beweisens und Deduzierens in der Philosophie entübrigt sein zu können glauben, zeigen, daß sie von dem ersten Gedanken dessen, was Philosophie ist, noch entfernt sind, und mögen wohl sonst reden, aber in der Philosophie haben die kein Recht mitzureden, die ohne Begriff reden wollen.

Transition from Morality to Ethical Life

For the good as the substantial universal of freedom, but as
something still abstract, there are therefore required determinate
characteristics of some sort and the principle for determining them,
though a principle identical with the good itself. For conscience
similarly, as the purely abstract principle of determination, it is
required that its decisions shall be universal and objective. If good
and conscience are each kept abstract and thereby elevated to
independent totalities, then both become the indeterminate which
ought to be determined. But the integration of these two relative
totalities into an absolute identity has already been implicitly achieved
in that this very subjectivity of pure self-certainty, aware in its vacuity
of its gradual evaporation, is identical with the abstract universality of
the good. The identity of the good with the subjective will, an identity
which therefore is concrete and the truth of them both, is Ethical
Life.

Kommentare

2 Antworten zu „141“

  1. Avatar von Eduard Gans
    Eduard Gans

    Beide Prinzipien, die wir bisher betrachtet haben, das abstrakte Gute sowohl wie das Gewissen, ermangeln ihres Entgegengesetzten: das abstrakte Gute verflüchtigt sich zu einem vollkommen Kraftlosen, in das ich allen Inhalt bringen kann, und die Subjektivität des Geistes wird nicht minder gehaltlos, indem ihr die objektive Bedeutung abgeht. Es kann daher die Sehnsucht nach einer Objektivität entstehen, in welcher der Mensch sich lieber zum Knechte und zur vollendeten Abhängigkeit erniedrigt, um nur der Qual der Leerheit und der Negativität zu entgehen. Wenn neuerlich manche Protestanten zur katholischen Kirche übergegangen sind, so geschah es, weil sie ihr Inneres gehaltlos fanden und nach einem Festen, einem Halt, einer Autorität griffen, wenn es auch eben nicht die Festigkeit des Gedankens war, die sie erhielten. Die Einheit des subjektiven und des objektiven an und für sich seienden Guten ist die Sittlichkeit, und in ihr ist dem Begriffe nach die Versöhnung geschehen. Denn wenn die Moralität die Form des Willens überhaupt nach der Seite der Subjektivität ist, so ist die Sittlichkeit nicht bloß die subjektive Form und die Selbstbestimmung des Willens, sondern das, ihren Begriff, nämlich die Freiheit zum Inhalte zu haben. Das Rechtliche und das Moralische kann nicht für sich existieren, und sie müssen das Sittliche zum Träger und zur Grundlage haben, denn dem Rechte fehlt das Moment der Subjektivität, das die Moral wiederum für sich allein hat, und so haben beide Momente für sich keine Wirklichkeit. Nur das Unendliche, die Idee ist wirklich: das Recht existiert nur als Zweig eines Ganzen, als sich anrankende Pflanze eines an und für sich festen Baumes.

  2. Avatar von Hegel
    Hegel

    [zu § 141]
    Gutes, – und Gewissen; Formen – Gewissen als das Bestimmen – Fürsich, unendliche Form ohne Inhalt, Tätigkeit, Idealität, Unruhe, nichts Festes habend und lassend – das Gute an sich, das Seiende, Ewige, Unwandelbare – unendlicher Inhalt ohne Form, darum kein Inhalt.

    [zu § 141 Anm.]
    Das Gute, das abstrakte Ansich wird durch die Subjekt[ivität,] Idealisierung* aller bestimmten Pflicht – verflüchtigt, zum reinen Abstraktum gemacht; das Bestimmen geht über in die Subjektivität. Diese abstrakt sich isolierend hat kein Ansich, hat nur die Willkür zur Bestimmung – eben sie will bestimmungslos sein – dies ihre Spitze. –
    Diese Bestimmungslosigkeit aber ist vielmehr das Gegenteil zur Willkür, – es ist das Sichselbstgleiche, das Allgemeine des Willens – Indem sie sich so erkennte, so gäbe sie die Subjektivität auf, – vielmehr Begriff des Willens. – Sich so vorstellen ist so sich denkende Allgemeinheit. –
    α) Widerlegung – wo nehmt ihr denn die Bestimmung zu dem Handeln her? Für das Handeln, Wirklichkeit, muß bestimmt werden – Nichts als Willkür – Zufälligkeit. – Oder soll es gut, allgemein sein, so ist es objektiv, an und für sich, ewig – nicht ein nur gesetztes, von mir, durch mich, das ich ironischerweise nur so gemacht hätte. – Das Wahre ist nichts Ironisches.
    β) dialektischer Übergang: die abstrakte Subjektivität des Willens ist an sich das Allgemeine, das Gute, das Ansichseiende – Meinen – Ich mache in mir, was mir beliebt, was Ich dieser wolle – Geist der Welt Substanz – Demütigung, Sache muß geschehen, – keine Sache anerkennen; Ich bin vielmehr die erfüllte, bestimmte, allgemeine Sache. Befreit von der Sache. – Das Gute hat diese absolute Ironie über diese göttliche Subjektivität. Darin liegt absolute Bestimmung, – nämlich Subjektivität ist die bestimmende Tätigkeit der Vernunft – aber nur diese Seite – sie ist vernünftig nur in ihrer gegensatzlosen Einheit mit dem Allgemeinen – ihre Bestimmungen nur wahrhaft innerhalb des Bodens der Allgemeinheit – nicht ein Bestimmen der Willkür – Das Gute erhält seine Bestimmungen durch das Moment der Subjektivität. Diese ist wahrhaft in der Einheit mit dem Allgemeinen. Die Subjektivität bestimmt als allgemein gut, als objektiv d. i. seiend, an sich, aber ist ironisch hierüber – nimmt sich zurück, nimmt nämlich das Allgemeine, An sich, zurück.
    a. Mit Identität der Subjektivität und des Guten verschwindet die Einseitigkeit beider.
    α) das Gute ist
    αα) nicht abstrakte Subjektivität, unendliches Bestimmen
    ββ) nicht endlich – sondern System –
    β) die Subjektivität – das Bestimmende [ist]
    αα) nicht gegen das Gute,
    ββ) nicht bloß subsumierend dies oder jenes, sondern
    γγ) als System, dem Begriff gemäß.**
    b. Recht und Moralität, Freiheit auch die Besonderung – Dasein – Äußeres und im Willen (besonderen Inhalt) bestimmend –
    c. Geschichtliche Bemerkung

    Freiheit in ihrer wesentlichen Allgemeinheit selbst Gegenstand. Wesentlicher Wille, Freiheit, nicht aus den Augen verlieren – Bestimmung des Rechts – geht in Subjektivität überhaupt über.
    Rückblick – Unterschied der Idee des freien Willens, der [?] in sich verglimmt, und des Sittlichen –
    Wir sind nur bei derselben Idee – beide ein und dasselbe, nie darüber hinaus, nie es verlieren –
    – Aber unterscheiden die beiden Seiten in ihrer Bestimmung.
    Sittlichkeit ist die Idee als wirkliches Leben – Wahrheit – Ansich und Fürsich – ist Gegenstand jetzt des Selbstbewußtseins – wie uns von Anfang.
    Die Idee so fassen, so bestimmen, dazu gehört, daß die Subjektivität nicht nur aufgefaßt sei im allgemeinen, sondern in der förmlichen Bestimmung, wie sie gesetzt ist als identisch mit dem Allgemeinen.
    Subjektivität – Rückgehen in sich – α) Wissen, was unmittelbar – β) Allgemeine Natur des H[andelns] –
    γ) Allgemeine Natur ihrem Begriff nach – Gut.
    Subjektivität, … [?] Trieb, natürlicher Wille ist persönlicher Wille, dieser oder jener Sache – mit vollkommener Gleichgültigkeit des Interesses – Subjektivität ist wohl Vorsatz, Wissen der Umstände, – Absicht ist Selbstbestimmung aus der Kategorie des Guten – ist aus Überzeugung – alles dieses Weisen der Subjektivität.
    Aber die eine Weise der Subjektivität, wodurch [sie] als absolut, nämlich als identisch mit dem Guten gesetzt ist – Wahl zwischen Gut und Böse – Form des Seins – ist selbst die Allgemeinheit, – Form des Seins oder Daseins ist Bewußtsein – und Bestimmtheit des Begriffs –
    Jenes gibt die Gestaltungen, die wir gesehen – dies die Bestimmtheit des Begriffs. Strenges Recht α) Freiheit, β) Besonderheit, äußerer Inhalt, dies [?] für sich ausgeglichen [?]
    So gefaßt[er] Begriff der Freiheit hat zu seiner Existenz das Selbstbewußtsein – Subjektivität, und eine solche, für welche umgekehrt ihre Bestimmtheit nur jenes Allgemeine, jener für sich seiende Begriff ist. – Ich – Weise meines Daseins [ist] das Allgemeine. – Umgekehrt, das Allgemeine – Weise seines Daseins das Selbstbewußtsein – aber das sich nur ist in dem Allgemeinen hierin – lebt, d. i. wirklich ist, Einheit des Inneren und Äußeren, daß man nicht mehr sagen kann, was das Innere und Äußere ist – Das Gute ist leblos – ohne die Subjektivität, der es wesentl[ich] absoluter Zweck ist – Selbstbewußtsein geistig leblos, das nur natürlich ist, seine Triebe zu seiner Bestimmung hat, – oder nur seine Vortrefflichkeit – das abstrakte Gute –
    Wo Recht – d. i. Privatrecht – gehandhabt wird, [ist] ein solcher Zustand kein sittlicher noch. Es gehört dazu, daß Subjektivität, Besonderheit als allgemein bestimmt ist, – dies Wirklichkeit – Alle Weisen der Wirklichkeit nur Folgen hiervon – denn Subjektivität das Verwirklichende.

    *[darüber:] Subjektivität ist selbst der Begriff.
    **[hierunter:] Meine Bestimmungen fallen in die Sache.

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