190

a. Die Art des Bedürfnisses und der Befriedigung

Das Tier hat einen beschränkten Kreis von Mitteln und Weisen der Befriedigung seiner gleichfalls beschränkten Bedürfnisse. 7/347 Der Mensch beweist auch in dieser Abhängigkeit zugleich sein Hinausgehen über dieselbe und seine Allgemeinheit, zunächst durch die Vervielfältigung der Bedürfnisse und Mittel und dann durch Zerlegung und Unterscheidung des konkreten Bedürfnisses in einzelne Teile und Seiten, welche verschiedene partikularisierte, damit abstraktere Bedürfnisse werden.

Kommentare

Eine Antwort zu „190“

  1. Avatar von Eduard Gans
    Eduard Gans

    Das Tier ist ein Partikulares, es hat seinen Instinkt und die abgegrenzten, nicht zu übersteigenden Mittel der Befriedigung. Es gibt Insekten, die an eine bestimmte Pflanze gebunden sind, andere Tiere, die einen weiteren Kreis haben, in verschiedenen Klimaten leben können; aber es tritt immer ein Beschränktes gegen den Kreis ein, welcher für den Menschen ist. Das Bedürfnis der Wohnung und Kleidung, die Notwendigkeit, die Nahrung nicht mehr roh zu lassen, sondern sie sich adäquat zu machen und ihre natürliche Unmittelbarkeit zu zerstören, macht, daß es der Mensch nicht so bequem hat wie das Tier und es als Geist auch nicht so bequem haben darf. Der Verstand, der die Unterschiede auffaßt, bringt Vervielfältigung in diese Bedürfnisse, und indem Geschmack und Nützlichkeit Kriterien der Beurteilung werden, sind auch die Bedürfnisse selbst davon ergriffen. Es ist zuletzt nicht mehr der Bedarf, sondern die Meinung, die befriedigt werden muß, und es gehört eben zur Bildung, das Konkrete in seine Besonderheiten zu zerlegen. In der Vervielfältigung der Bedürfnisse liegt gerade eine Hemmung der Begierde, denn wenn die Menschen vieles gebrauchen, ist der Drang nach einem, dessen sie bedürftig wären, nicht so stark, und es ist ein Zeichen, daß die Not überhaupt nicht so gewaltig ist.

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