207

Das Individuum gibt sich nur Wirklichkeit, indem es in das Dasein überhaupt, somit in die bestimmte Besonderheit tritt, hiermit ausschließend sich auf eine der besonderen Sphären des Bedürfnisses beschränkt. Die sittliche Gesinnung in diesem Systeme ist daher die Rechtschaffenheit und die Standesehre, sich, und zwar aus eigener Bestimmung, durch seine Tätigkeit, Fleiß und Geschicklichkeit zum Gliede eines der Momente der bürgerlichen Gesellschaft zu machen und als solches zu erhalten und nur durch diese Vermittlung mit dem Allgemeinen für sich zu sorgen sowie dadurch in seiner Vorstellung und der Vorstellung anderer anerkannt zu sein. – Die Moralität hat ihre eigentümliche Stelle in dieser Sphäre, wo die Reflexion auf sein Tun, der Zweck der besonderen Bedürfnisse und des Wohls herrschend ist und die Zufälligkeit in Befriedigung derselben auch eine zufällige und einzelne Hilfe zur Pflicht macht.

Kommentare

2 Antworten zu „207“

  1. Avatar von G.W.F. Hegel
    G.W.F. Hegel

    § 44 Rechts-, Pflichten- und Religionslehre für die Unterklasse

    Was den bestimmten Beruf betrifft, der als ein Schicksal erscheint, so ist überhaupt die Form einer äußerlichen Notwendigkeit daran aufzuheben. Es ist mit Freiheit zu ergreifen und mit solcher auszuhalten und auszuführen.

    Erläuterung. Der Mensch, in Rücksicht auf die äußerlichen Umstände des Schicksals und alles, was er überhaupt unmittelbar ist, muß sich so verhalten, daß er dasselbe zu dem seinigen macht, daß er ihm die Form eines äußerlichen Daseins benimmt. Es kommt nicht darauf an, in welchem äußerlichen Zustande der Mensch sich durch das Schicksal befindet, wenn er das, was er ist, recht ist, d. h. wenn er alle Seiten seines Berufs ausfüllt. Der Beruf zu einem Stande ist eine vielseitige Substanz. Er ist gleichsam ein Stoff oder Material, das er nach allen Richtungen hin durcharbeiten muß, damit dasselbe nichts Fremdes, Sprödes und Widerstrebendes in sich hat. Insofern ich es vollkommen zu dem Meinigen für mich gemacht habe, bin ich frei darin. Der Mensch ist vorzüglich dadurch unzufrieden, wenn er seinen Beruf nicht ausfüllt. Er gibt sich ein Verhältnis, das er nicht wahrhaft als das seinige hat. Zugleich gehört er diesem Stande an. Er kann sich nicht von ihm losmachen. Er lebt und handelt also in einem widerwärtigen Verhältnis mit sich selbst.

  2. Avatar von Eduard Gans
    Eduard Gans

    Darunter, daß der Mensch etwas sein müsse, verstehen wir, daß er einem bestimmten Stande angehöre; denn dies etwas will sagen, daß er alsdann etwas Substantielles ist. Ein Mensch ohne Stand ist eine bloße Privatperson und steht nicht in wirklicher Allgemeinheit. Von der anderen Seite kann sich der Einzelne in seiner Besonderheit für das Allgemeine halten und vermeinen, daß, wenn er in einen Stand ginge, er sich einem Niedrigeren hingebe. Dies ist die falsche Vorstellung, daß, wenn etwas ein Dasein, das ihm nötig ist, gewinnt, es sich dadurch beschränke und aufgebe.

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