309

Da die Abordnung zur Beratung und Beschließung über die allgemeinen Angelegenheiten geschieht, hat sie den Sinn, daß durch das Zutrauen solche Individuen dazu bestimmt werden, die sich besser auf diese Angelegenheiten verstehen als die Abordnenden, wie auch, daß sie nicht das besondere Interesse einer Gemeinde, Korporation gegen das allgemeine, sondern wesentlich dieses geltend machen. Sie haben damit nicht das Verhältnis, kommittierte oder Instruktionen überbringende Mandatarien zu sein, um so weniger, als die Zusammenkunft die Bestimmung hat, eine lebendige, sich gegenseitig unterrichtende und überzeugende, gemeinsam beratende Versammlung zu sein.

Kommentare

2 Antworten zu „309“

  1. Avatar von Karl Marx
    Karl Marx

    § 309. »Da die Abordnung zur Beratung und Beschließung über die allgemeinen Angelegenheiten geschieht, hat sie den Sinn, daß durch das Zutrauen solche Individuen |328| dazu bestimmt werden, die sich besser auf diese Angelegenheiten verstehen als die Abordnenden, wie auch, daß sie nicht das besondere Interesse einer Gemeinde, Korporation gegen das allgemeine, sondern wesentlich dieses geltend machen. Sie haben damit nicht das Verhältnis, kommittierte oder Instruktionen überbringende Mandatarien zu sein, um so weniger als die Zusammenkunft die Bestimmung hat, eine lebendige, sich gegenseitig unterrichtende und überzeugende, gemeinsam beratende Versammlung zu sein.«

    Die Abgeordneten sollen 1. keine »kommittierte oder Instruktionen überbringende Mandatarien sein, weil »sie nicht das besondere Interesse einer Gemeinde, Korporation gegen das allgemeine, sondern wesentlich dies geltend machen« sollen. Hegel hat die Repräsentanten erst als Repräsentanten der Korporationen etc. konstruiert, um dann wieder die andere politische Bestimmung hereinzubringen, daß sie nicht das besondre Interesse der Korporation etc. geltend zu machen haben. Er hebt damit seine eigene Bestimmung auf, denn er trennt sie in ihrer wesentlichen Bestimmung als Repräsentanten gänzlich von ihrem Korporationsdasein. Er trennt damit auch die Korporation von sich als ihrem wirklichen Inhalt, denn sie soll nicht aus ihrem Gesichtspunkt, sondern aus dem Staatsgesichtspunkt wählen, d.h., sie soll in ihrem Nicht-Dasein als Korporation wählen. In der materiellen Bestimmung erkennt er also an, was er in ihrer formellen verkehrte, die Abstraktion der bürgerlichen Gesellschaft von sich selbst in ihrem politischen Akt, und ihr politisches Dasein ist nichts als diese Abstraktion. Hegel gibt als Grund an, weil sie eben zur Betätigung der »allgemeinen Angelegenheiten« gewählt werden; aber die Korporationen sind keine Existenzen der allgemeinen Angelegenheiten.

    2. soll die »Abordnung den Sinn« haben, »daß durch das Zutrauen solche Individuen dazu bestimmt werden, die sich besser auf diese Angelegenheiten verstehen als die Abordnenden«, woraus abermals folgen soll, daß die Deputierten also nicht das Verhältnis der »Mandatarien« haben.

    Daß sie dieses »besser« verstehn und nicht »einfach« verstehn, kann Hegel nur durch ein Sophisma herausbringen. Es könnte dies nur dann geschlossen werden, wenn die Abordnenden die Wahl hätten, die allgemeinen Angelegenheiten selbst zu beraten und zu beschließen oder bestimmte Individuen zu ihrer Vollziehung abzuordnen; d.h., eben wenn die Abordnung, die Repräsentation, nicht wesentlich zum Charakter der gesetzgebenden Gewalt der bürgerlichen Gesellschaft gehörte, was eben ihr eigentümliches Wesen, wie eben ausgeführt, in dem von Hegel konstruierten Staate ausmacht.

    Es ist dies Beispiel sehr bezeichnend dafür, wie Hegel die Sache innerhalb ihrer Eigentümlichkeit halb absichtlich aufgibt und ihr in ihrer |329| bornierten Gestalt den entgegengesetzten Sinn dieser Borniertheit unterschiebt.

    Den eigentlichen Grund gibt Hegel zuletzt. Die Deputierten der bürgerlichen Gesellschaft konstituieren sich zu einer »Versammlung«, und diese Versammlung ist erst das wirkliche politische Dasein und Wollen der bürgerlichen Gesellschaft. Die Trennung des politischen Staats von der bürgerlichen Gesellschaft erscheint als die Trennung der Deputierten von ihren Mandataren. Die Gesellschaft ordnet bloß die Elemente zu ihrem politischen Dasein von sich ab.

    Der Widerspruch erscheint doppelt:

    1. formell. Die Abgeordneten der bürgerlichen Gesellschaft sind eine Gesellschaft, die nicht durch die Form der »Instruktion«, des Auftrages mit ihren Kommittenten in Verbindung stehn. Sie sind formell kommittiert, aber sobald sie wirklich sind, sind sie nicht mehr Kommittierte. Sie sollen Abgeordnete sein und sind es nicht.

    2. materiell. In bezug auf die Interessen. Darüber hernach. Hier findet das Umgekehrte statt. Sie sind als Repräsentanten der allgemeinen Angelegenheiten kommittiert, aber sie repräsentieren wirklich besondre Angelegenheiten.

    Bezeichnend ist, daß Hegel hier das Zutrauen als die Substanz der Abordnung bezeichnet, als das substantielle Verhältnis zwischen Abordnenden und Abgeordneten. Zutrauen ist ein persönliches Verhältnis. Es heißt darüber weiter in dem Zusatz:

    »Repräsentation gründet sich auf Zutrauen, Zutrauen aber ist etwas Anderes, als ob ich als dieser meine Stimme gebe. Die Majorität der Stimmen ist ebenso dem Grundsatze zuwider, daß bei dem, was mich verpflichten muß, ich als dieser zugegen sein soll. Man hat Zutrauen zu einem Menschen, indem man seine Einsicht dafür ansieht, daß er meine Sache als seine Sache, nach seinem besten Wissen und Gewissen, behandeln wird.«

  2. Avatar von Eduard Gans
    Eduard Gans

    Führt man Repräsentation ein, so liegt darin, daß die Einwilligung nicht unmittelbar durch alle, sondern durch Bevollmächtigte geschehen soll, denn der Einzelne konkurriert nun nicht mehr als unendliche Person. Repräsentation gründet sich auf Zutrauen; Zutrauen aber ist etwas anderes, als ob ich als dieser meine Stimme gebe. Die Majorität der Stimmen ist ebenso dem Grundsatze zuwider, daß bei dem, was mich verpflichten muß, ich als dieser zugegen sein soll. Man hat Zutrauen zu einem Menschen, indem man seine Einsicht dafür ansieht, daß er meine Sache als seine Sache, nach seinem besten Wissen und Gewissen, behandeln wird. Das Prinzip des einzelnen subjektiven Willens fällt also fort, denn das Zutrauen geht auf eine Sache, auf die Grundsätze eines Menschen, seines Benehmens, seines Handelns, auf seinen konkreten Sinn überhaupt. Es ist daher darum zu tun, daß der, welcher in ein ständisches Element eintritt, einen Charakter, eine Einsicht und einen Willen habe, der seiner Aufgabe, zu allgemeinen Angelegenheiten zugezogen zu werden, entspricht. Es kommt nämlich nicht darauf an, daß das Individuum als abstrakt einzelnes zum Sprechen kommt, sondern daß seine Interessen sich in einer Versammlung geltend machen, wo über das Allgemeine gehandelt wird. Daß dieses der Abgeordnete vollbringe und befördere, dazu bedarf es für die Wählenden der Garantie.

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