Die Garantie der diesem Zweck entsprechenden Eigenschaften und der Gesinnung – da das unabhängige Vermögen schon in dem ersten Teile der Stände sein Recht verlangt – zeigt sich bei dem zweiten Teile, der aus dem beweglichen und veränderlichen Elemente der bürgerlichen Gesellschaft hervorgeht, vornehmlich in der durch wirkliche Geschäftsführung, in obrigkeitlichen oder Staatsämtern erworbenen und durch die Tat bewährten Gesinnung, Geschicklichkeit und Kenntnis der Einrichtungen und Interessen des Staats und der bürgerlichen Gesellschaft und dem dadurch gebildeten und erprobten obrigkeitlichen Sinn und Sinn des Staats.
310
Kommentare
Eine Antwort zu „310“
-
§ 310 »Die Garantie der diesem Zweck entsprechenden Eigenschaften und der Gesinnung – da das unabhängige Vermögen schon in dem ersten Teile der Stände sein Recht verlangt -, zeigt sich bei dem zweiten Teile, der aus dem beweglichen und veränderlichen Elemente der bürgerlichen Gesellschaft hervorgeht, vornehmlich in der durch wirkliche Geschäftsführung in obrigkeitlichen oder Staatsämtern erworbenen und durch die Tat bewährten Gesinnung, Geschicklichkeit und Kenntnis der Einrichtungen und Interessen des Staats und der bürgerlichen Gesellschaft und dein dadurch gebildeten und erprobten obrigkeitlichen Sinn und Sinn des Staats.«
Erst wurde die erste Kammer, die Kammer des unabhängigen Privateigentums für den Fürsten und die Regierungsgewalt als Garantie gegen die Gesinnung der zweiten Kammer als dem politischen Dasein der empirischen |330| Allgemeinheit konstruiert, und jetzt verlangt Hegel wieder eine neue Garantie, welche die Gesinnung etc. der zweiten Kammer selbst garantieren soll.
Erst war das Zutrauen – die Garantie der Abordner – die Garantie der Abgeordneten. Jetzt bedarf dies Zutrauen selbst wieder der Garantie seiner Tüchtigkeit.
Hegel hätte nicht übel Lust, die zweite Kammer zur Kammer der pensionierten Staatsbeamten zu machen. Er verlangt nicht nur »den Sinn des Staats«, sondern auch »obrigkeitlichen«, bürokratischen Sinn.
Was er hier wirklich verlangt, ist, daß die gesetzgebende Gewalt die wirkliche regierende Gewalt sein soll. Er drückt dies so aus, daß er die Bürokratie zweimal verlangt, einmal als Repräsentation der Fürsten und das andere Mal als Repräsentantin des Volkes.
Wenn in konstitutionellen Staaten auch Beamte zulässig sind als Deputierte, so ist dies nur, weil überhaupt vom Stand, von der bürgerlichen Qualität abstrahiert und die Abstraktion des Staatsbürgertums das Herrschende ist.
Hegel vergißt dabei, daß er die Repräsentation von den Korporationen ausgehn ließ und daß diesen direkt die Regierungsgewalt gegenübersteht. Er geht in diesem Vergessen, was er gleich in dem folgenden Paragraphen wieder vergißt, so weit, daß er einen wesentlichen Unterschied zwischen den Abgeordneten der Korporation und den ständischen Abgeordneten kreiert.
In der Anmerkung zu diesem Paragraphen heißt es:
»Die subjektive Meinung von sich findet leicht die Forderung solcher Garantien, wenn sie in Rücksicht auf das sogenannte Volk gemacht wird, überflüssig, ja selbst etwa beleidigend. Der Staat hat aber das Objektive, nicht eine subjektive Meinung und deren Selbstzutrauen zu seiner Bestimmung; die Individuen können nur das für ihn sein, was an ihnen objektiv erkennbar und erprobt ist, und er hat hierauf bei diesem Teile des ständischen Elements um so mehr zu sehen, als derselbe seine Wurzel in den auf das Besondere gerichteten Interessen und Beschäftigungen hat, wo die Zufälligkeit, Veränderlichkeit und Willkür ihr Recht sich zu ergehen hat.«
Hier wird die gedankenlose Inkonsequenz und der »obrigkeitliche« Sinn Hegels wirklich ekelhaft. Am Schlusse des Zusatzes zum früheren Paragraphen heißt es:
»Daß dieses« (sc. ihre oben beschriebene Aufgabe| »der Abgeordnete vollbringe und befördere, dazu bedarf es für die Wählenden der Garantie.«
Diese Garantie für die Wählenden hat sich unter der Hand in eine Garantie gegen die Wählenden, gegen ihr »Selbstzutrauen« entwickelt. In dem ständischen Element sollte die »empirische Allgemeinheit zum Moment« der »subjektiven formellen Freiheit« kommen. »Das öffentliche Bewußtsein« |331| sollte in ihm »als empirische Allgemeinheit der Ansichten und Gedanken der Vielen zur Existenz« kommen. (§ 301.)
Jetzt sollen diese »Ansichten und Gedanken« zuvor der Regierung eine Probe ablegen, daß sie »ihre« Ansichten und Gedanken sind. Hegel spricht hier nämlich dummerweise vom Staat als einer fertigen Existenz, obgleich er eben erst daran ist, im ständischen Element den Staat fertig zu konstruieren. Er spricht vom Staat als konkretem Subjekt, das »sich nicht an die subjektive Meinung und deren Selbstzutrauen stößt«, für den die Individuen erst sich »erkennbar« gemacht und »erprobt« haben. Es fehlt nur noch, daß Hegel ein Examen der Stände abzulegen bei der Wohllöblichen Regierung verlangt. Hegel geht hier fast bis zur Servilität. Man sieht ihn durch und durch angesteckt von dem elenden Hochmut der preußischen Beamtenwelt, die vornehm in ihrer Büroborniertheit auf das »Selbstzutrauen« der »subjektiven Meinung des Volks zu sich« herabsieht. Der »Staat« ist hier überall für Hegel identisch mit der »Regierung«.
Allerdings kann in einem wirklichen Staate das »bloße Zutrauen«, die »subjektive Meinung« nicht genügen. Aber in dem von Hegel konstruierten Staate ist die politische Gesinnung der bürgerlichen Gesellschaft eine bloße Meinung, eben weil ihr politisches Dasein eine Abstraktion von ihrem wirklichen Dasein ist; eben weil das Ganze des Staats nicht die Objektivierung der politischen Gesinnung ist. Wollte Hegel konsequent sein, so müßte er vielmehr alles aufbieten, um das ständische Element seiner wesentlichen Bestimmung gemäß (§ 301) als das Fürsichsein der allgemeinen Angelegenheit in den Gedanken etc. der Vielen, also eben ganz unabhängig von den andern Voraussetzungen des politischen Staats zu konstruieren.
Ebenso wie Hegel es früher als die Ansicht des Pöbels bezeichnete, den schlechten Willen bei der Regierung etc. vorauszusetzen, ebensosehr und noch mehr ist es die Ansicht des Pöbels, den schlechten Willen beim Volke vorauszusetzen. Hegel darf es dann auch bei den von ihm verachteten Theoretikern weder »überflüssig« noch »beleidigend« finden, wenn Garantien »in Rücksicht auf den sogenannten Staat, den soi-disant Staat, die Regierung verlangt, Garantien verlangt werden, daß die Gesinnung der Bürokratie die Staatsgesinnung sei.
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.