138

Diese Subjektivität, als die abstrakte Selbstbestimmung und reine Gewißheit nur ihrer selbst, verflüchtigt ebenso alle Bestimmtheit des Rechts, der Pflicht und des Daseins in sich, als sie die urteilende Macht ist, für einen Inhalt nur aus sich zu bestimmen, was gut ist, und zugleich die Macht, welcher das zuerst nur vorgestellte und sein sollende Gute eine Wirklichkeit verdankt.

This subjectivity, qua abstract self-determination and pure
certainty of oneself alone, as readily evaporates into itself the whole
determinate character of right, duty, and existence, as it remains both
the power to judge, to determine from within itself alone, what is
good in respect of any content, and also the power to which the
good, at first only an ideal and an ought-to-be, owes its actuality.

Kommentare

Eine Antwort zu „138“

  1. Avatar von Eduard Gans
    Eduard Gans

    Betrachten wir dieses Verflüchtigen näher und sehen wir, daß in diesen einfachen Begriff alle Bestimmungen aufgehen und von ihm wieder ausgehen müssen, so besteht es zunächst darin, daß alles, was wir als Recht oder als Pflicht anerkennen, vom Gedanken als ein Nichtiges, Beschränktes und durchaus nicht Absolutes kann aufgewiesen werden. Dagegen darf die Subjektivität, wie sie allen Inhalt in sich verflüchtigt, auch wiederum denselben aus sich entwickeln. Alles was in der Sittlichkeit entsteht, wird durch diese Tätigkeit des Geistes hervorgebracht. Andererseits ist der Mangel dieses Standpunkts, daß er ein bloß abstrakter ist. Wenn ich meine Freiheit als Substanz in mir weiß, so bin ich ratlos und handle nicht. Gehe ich aber zu Handlungen fort, suche ich nach Grundsätzen, so greife ich nach Bestimmungen, und die Forderung ist alsdann, daß diese aus dem Begriff des freien Willens abgeleitet seien. Wenn es daher recht ist, das Recht und die Pflicht in die Subjektivität zu verflüchtigen, so ist es andererseits unrecht, wenn diese abstrakte Grundlage sich nicht wiederum entwickelt. Nur in Zeiten, wo die Wirklichkeit eine hohle geist- und haltungslose Existenz ist, mag es dem Individuum gestattet sein, aus der wirklichen in die innerliche Lebendigkeit zurückzufliehen. Sokrates stand in der Zeit des Verderbens der atheniensischen Demokratie auf: er verflüchtigte das Daseiende und floh in sich zurück, um dort das Rechte und Gute zu suchen. Auch in unserer Zeit findet es mehr oder weniger statt, daß die Ehrfurcht vor dem Bestehenden nicht mehr vorhanden ist und daß der Mensch das Geltende als seinen Willen, als das von ihm Anerkannte haben will.

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