139

Das Selbstbewußtsein in der Eitelkeit aller sonst geltenden Bestimmungen und in der reinen Innerlichkeit des Willens ist 260 ebensosehr die Möglichkeit, das an und für sich Allgemeine, als die Willkür, die eigene Besonderheit über das Allgemeine zum Prinzipe zu machen und sie durch Handeln zu realisieren – böse zu sein.

Once self-consciousness has reduced all otherwise valid duties to
emptiness and itself to the sheer inwardness of the will, it has become
the potentiality of either making the absolutely universal its principle,
or equally well of elevating above the universal the self-will of private
particularity, taking that as its principle and realising it through its
actions, i.e. it has become potentially evil.

Kommentare

Eine Antwort zu „139“

  1. Avatar von Eduard Gans
    Eduard Gans

    Die abstrakte Gewißheit, die sich selbst als Grundlage von allem weiß, hat die Möglichkeit in sich, das Allgemeine des Begriffs zu wollen, aber auch die, einen besonderen Inhalt zum Prinzipe zu machen und zu realisieren. Zum Bösen, welches dieses letztere ist, gehört somit immer die Abstraktion der Gewißheit seiner selbst, und nur der Mensch, und zwar insofern er auch böse sein kann, ist gut. Das Gute und das Böse sind untrennbar, und ihre Untrennbarkeit liegt darin, daß der Begriff sich gegenständlich wird und als Gegenstand unmittelbar die Bestimmung des Unterschiedes hat. Der böse Wille will ein der Allgemeinheit des Willens Entgegengesetztes, der gute dagegen verhält sich seinem wahrhaften Begriffe gemäß. Die Schwierigkeit bei der Frage, wie der Wille auch könne böse sein, kommt gewöhnlich daher, daß man sich den Willen nur in positivem Verhältnis zu sich selbst denkt und als ein Bestimmtes, das für ihn ist, als das Gute vorstellt. Aber die Frage nach dem Ursprung des Bösen hat nun den näheren Sinn: wie kommt in das Positive das Negative hinein? Wird bei der Erschaffung der Welt Gott als das absolut Positive vorausgesetzt, dann mag man sich drehen, wie man will, das Negative ist in diesem Positiven nicht zu erkennen; denn will man ein Zulassen von seiten Gottes annehmen, so ist solches passives Verhältnis ein ungenügendes und nichtssagendes. In der mythologisch religiösen Vorstellung wird der Ursprung des Bösen nicht begriffen, das heißt das eine wird nicht in dem anderen erkannt, sondern es gibt nur eine Vorstellung von einem Nacheinander und Nebeneinander, so daß von außen her das Negative an das Positive kommt. Dies kann aber dem Gedanken nicht genügen, welcher nach einem Grunde und nach einer Notwendigkeit verlangt und im Positiven das Negative als selbst wurzelnd auffassen will. Die Auflösung nun, wie der Begriff dies faßt, ist im Begriffe schon enthalten, denn der Begriff oder, konkreter gesprochen, die Idee hat wesentlich das an sich, sich zu unterscheiden und sich negativ zu setzen. Bleibt man bloß beim Positiven, das heißt beim rein Guten stehen, das gut in seiner Ursprünglichkeit sein soll, so ist dies eine leere Bestimmung des Verstandes, der solch Abstraktes und Einseitiges festhält und dadurch, daß er die Frage stellt, dieselbe eben zu einer schwierigen erhebt. Von dem Standpunkt aber des Begriffes aus wird die Positivität so aufgefaßt, daß sie Tätigkeit und Unterscheidung ihrer von sich selbst ist. Das Böse hat also, wie das Gute, im Willen seinen Ursprung, und der Wille ist in seinem Begriffe sowohl gut als böse. Der natürliche Wille ist an sich der Widerspruch, sich von sich selbst zu unterscheiden, für sich und innerlich zu sein. Wenn man nun sagte, das Böse enthält die nähere Bestimmung, daß der Mensch böse ist, insofern er natürlicher Wille ist, so würde dies der gewöhnlichen Vorstellung entgegengesetzt sein, welche sich, gerade den natürlichen Willen als den unschuldigen und guten denkt. Aber der natürliche Wille steht dem Inhalte der Freiheit gegenüber, und das Kind, der ungebildete Mensch, die diesen ersteren haben, sind deswegen einem minderen Grad von Zurechnungsfähigkeit unterworfen. Wenn man nun vom Menschen spricht, so meint man nicht das Kind, sondern den selbstbewußten Menschen; wenn man vom Guten redet, so meint man das Wissen desselben. Nun ist freilich das Natürliche an sich unbefangen, weder gut noch böse, aber das Natürliche, bezogen auf den Willen als Freiheit und als Wissen derselben, enthält die Bestimmung des Nichtfreien und ist daher böse. Insofern der Mensch das Natürliche will, ist dieses nicht mehr das bloß Natürliche, sondern das Negative gegen das Gute, als den Begriff des Willens. – Wenn man nun aber sagen wollte, daß, weil das Böse im Begriffe liegt und notwendig ist, der Mensch ohne Schuld wäre, wenn er es ergriffe: so muß erwidert werden, daß die Entschließung des Menschen eigenes Tun, das Tun seiner Freiheit und seiner Schuld ist. Im religiösen Mythos wird gesagt, dadurch sei der Mensch gottähnlich, daß er die Erkenntnis vom Guten und Bösen habe, und die Gottähnlichkeit ist allerdings vorhanden, indem die Notwendigkeit hier keine Naturnotwendigkeit, sondern die Entschließung eben die Aufhebung dieses Gedoppelten, des Guten und Bösen, ist. Ich habe, da das Gute wie das Böse mir entgegensteht, die Wahl zwischen beiden, kann mich zu beiden entschließen und das eine wie das andere in meine Subjektivität aufnehmen. Es ist also die Natur des Bösen, daß der Mensch es wollen kann, aber nicht notwendig wollen muß.

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