262

Die wirkliche Idee, der Geist, der sich selbst in die zwei ideellen Sphären seines Begriffs, die Familie und die bürgerliche Gesellschaft, als in seine Endlichkeit scheidet, um aus ihrer Idealität für sich unendlicher wirklicher Geist zu sein, teilt somit diesen Sphären das Material dieser seiner endlichen Wirklichkeit, die Individuen als die Menge zu, so daß diese Zuteilung am Einzelnen durch die Umstände, die Willkür und eigene Wahl seiner Bestimmung vermittelt erscheint (§ 185 und Anm. das.).

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2 Antworten zu „262“

  1. Avatar von Karl Marx
    Karl Marx

    § 262. »Die wirkliche Idee, der Geist, der sich selbst in die zwei ideellen Sphären seines Begriffe, die Familie und die bürgerliche Gesellschaft, als in seine Endlichkeit scheidet, um aus ihrer Idealität für sich unendlicher wirklicher Geist zu sein, teilt somit diesen Sphären das Material dieser seiner endlichen Wirklichkeit, die Individuen als die Menge zu, so daß diese Zuteilung am Einzelnen durch die Umstände, die Willkür und eigene Wahl seiner Bestimmung vermittelt erscheint.«

    Übersetzen wir diesen Satz in Prosa, so folgt:

    Die Art und Weise, wie der Staat sich mit der Familie und der bürgerlichen Gesellschaft vermittelt, sind »die Umstände, die Willkür und die eigene Wahl der Bestimmung«. Die Staatsvernunft hat also mit der Zerteilung des Staatsmaterials an Familie und bürgerliche Gesellschaft nichts zu tun. Der Staat geht auf eine unbewußte und willkürliche Weise aus ihnen hervor. Familie und bürgerliche Gesellschaft erscheinen als der dunkle Naturgrund, woraus das Staatslicht sich entzündet. Unter dem Staatsmaterial sind die Geschäfte des Staats, Familie und bürgerliche Gesellschaft verstanden, insofern sie Teile des Staats bilden, am Staat als solchen teilnehmen.

    In doppelter Hinsicht ist diese Entwicklung merkwürdig.

    1. Familie und bürgerliche Gesellschaft werden als Begriffssphären des Staats gefaßt, und zwar als die Sphären seiner Endlichkeit, als seine Endlichkeit. Der Staat ist es, der sich in sie scheidet, der sie voraussetzt, und zwar tut er dieses, »um aus ihrer Idealität für sich unendlicher wirklicher Geist zu sein«. »Er scheidet sich, um.« Er »teilt somit diesen Sphären das Material seiner Wirklichkeit zu, so daß diese Zuteilung etc. vermittelt erscheint«. Die genannte »wirkliche Idee« (der Geist als unendlicher, wirklicher) wird so dargestellt, als ob sie nach einem bestimmten Prinzip und zu bestimmter Absicht handle. Sie scheidet sich in endliche Sphären, sie tut dies, »um in sich zurückzukehren, für sich zu sein«, und sie tut dies zwar so, daß das grade ist, wie es wirklich ist.

    |206| An dieser Stelle erscheint der logische, pantheistische Mystizismus sehr klar.

    Das wirkliche Verhältnis ist: »daß die Zuteilung des Staatsmaterials am Einzelnen durch die Umstände, die Willkür und die eigene Wahl seiner Bestimmung vermittelt ist«. Diese Tatsache, dies wirkliche Verhältnis wird von der Spekulation als Erscheinung, als Phänomen ausgesprochen. Diese Umstände, diese Willkür, diese Wahl der Bestimmung, diese wirkliche Vermittlung sind bloß die Erscheinung einer Vermittlung, welche die wirkliche Idee mit sich selbst vornimmt und welche hinter der Gardine vorgeht. Die Wirklichkeit wird nicht als sie selbst, sondern als eine andere Wirklichkeit ausgesprochen. Die gewöhnliche Empirie hat nicht ihren eigenen Geist, sondern einen fremden zum Gesetz, wogegen die wirkliche Idee nicht eine aus ihr selbst entwickelte Wirklichkeit, sondern die gewöhnliche Empirie zum Dasein hat.

    Die Idee wird versubjektiviert und das wirkliche Verhältnis von Familie und bürgerlicher Gesellschaft zum Staat wird als ihre innere imaginäre Tätigkeit gefaßt. Familie und bürgerliche Gesellschaft sind die Voraussetzungen des Staats; sie sind die eigentlich Tätigen; aber in der Spekulation wird es umgekehrt. Wenn aber die Idee versubjektiviert wird, werden hier die wirklichen Subjekte, bürgerliche Gesellschaft, Familie, »Umstände, Willkür etc. zu unwirklichen, anderes bedeutenden, objektiven Momenten der Idee.

    Die Zuteilung des Staatsmaterials »am Einzelnen durch die Umstände, die Willkür und die eigene Wahl seiner Bestimmung« werden nicht als das Wahrhafte, das Notwendige, das an und für sich Berechtigte schlechthin ausgesprochen; sie werden nicht als solche für das Vernünftige ausgegeben; aber sie werden es doch wieder andrerseits, nur so, daß sie für eine scheinbare Vermittlung ausgegeben, daß sie gelassen werden, wie sie sind, zugleich aber die Bedeutung einer Bestimmung der Idee erhalten, eines Resultats, eines Produkts der Idee. Der Unterschied ruht nicht im Inhalt, sondern in der Betrachtungsweise oder in der Sprechweise. Es ist eine doppelte Geschichte, eine esoterische und eine exoterische. Der Inhalt liegt im exoterischen Teil. Das Interesse des esoterischen ist immer das, die Geschichte des logischen Begriffs im Staat wiederzufinden. An der exoterischen Seite aber ist es, daß die eigentliche Entwicklung vor sich geht.

    Rationell hießen die Sätze von Hegel nur:

    Die Familie und die bürgerliche Gesellschaft sind Staatsteile. Das Staatsmaterial ist unter sie verteilt »durch die Umstände, die Willkür und die eigne Wahl der Bestimmung«. Die Staatsbürger sind Familienglieder und Glieder der bürgerlichen Gesellschaft.

    |207| »Die wirkliche Idee, der Geist, der sich selbst in die zwei ideellen Sphären seines Begriffs, die Familie und die bürgerliche Gesellschaft, als in seine Endlichkeit scheidet« – also die Teilung des Staats in Familie und bürgerliche Gesellschaft ist ideell, d.h. notwendig, gehört zum Wesen des Staats; Familie und bürgerliche Gesellschaft sind wirkliche Staatsteile, wirkliche geistige Existenzen des Willens, sie sind Daseinsweisen des Staates; Familie und bürgerliche Gesellschaft machen sich selbst zum Staat. Sie sind das Treibende. Nach Hegel sind sie dagegen getan von der wirklichen Idee; es ist nicht ihr eigner Lebenslauf, der sie zum Staat vereint, sondern es ist der Lebenslauf der Idee, die sie von sich diszerniert hat; und zwar sind sie [die] Endlichkeit dieser Idee; sie verdanken ihr Dasein einem anderen Geist als dem ihrigen; sie sind von einem Dritten gesetzte Bestimmungen, keine Selbstbestimmungen; deswegen werden sie auch als »Endlichkeit«, als die eigene Endlichkeit der »wirklichen Idee« bestimmt. Der Zweck ihres Daseins ist nicht dies Dasein selbst, sondern die Idee scheidet diese Voraussetzungen von sich ab, »um aus ihrer Idealität für sich unendlicher wirklicher Geist zu sein«, d.h., der politische Staat kann nicht sein ohne die natürliche Basis der Familie und die künstliche Basis der bürgerlichen Gesellschaft; sie sind für ihn eine conditio sine qua non; die Bedingung wird aber als das Bedingte, das Bestimmende wird als das Bestimmte, das Produzierende wird als das Produkt seines Produkts gesetzt; die wirkliche Idee erniedrigt sich nur in die »Endlichkeit« der Familie und der bürgerlichen Gesellschaft, um durch ihre Aufhebung seine Unendlichkeit zu genießen und hervorzubringen; sie »teilt somit« (um seinen Zweck zu erreichen) »diesen Sphären das Material dieser seiner endlichen Wirklichkeit« (dieser? welcher? diese Sphären sind ja seine »endliche Wirklichkeit«, sein »Material«) »die Individuen als die Menge zu« (das Material des Staats sind hier »die Individuen, die Menge«, »aus ihnen besteht der Staat«, dieses sein Bestehn wird hier als eine Tat der Idee, als eine »Verteilung«, die sie mit ihrem eigenen Material vornimmt, ausgesprochen; das Faktum ist, daß der Staat aus der Menge, wie sie als Familienglieder und Glieder der bürgerlichen Gesellschaft existiere, hervorgehe; die Spekulation spricht dies Faktum als Tat der Idee aus, nicht als die Idee der Menge, sondern als Tat einer subjektiven, von dem Faktum selbst unterschiedenen Idee), »so daß diese Zuteilung am |208| gesprochen, aber sie ist nicht vernünftig wegen ihrer eigenen Vernunft, sondern weil die empirische Tatsache in ihrer empirischen Existenz eine andre Bedeutung hat als sich selbst. Die Tatsache, von der ausgegangen wird, wird nicht als solche, sondern als mystisches Resultat gefaßt. Das Wirkliche wird zum Phänomen, aber die Idee hat keinen andren Inhalt als dieses Phänomen. Auch hat die Idee keinen andren Zweck als den logischen: »für sich unendlicher wirklicher Geist zu sein«. In diesem Paragraphen ist das ganze Mysterium der Rechtsphilosophie niedergelegt und der Hegelschen Philosophie überhaupt.

  2. Avatar von Eduard Gans
    Eduard Gans

    Im Platonischen Staate gilt die subjektive Freiheit noch nichts, indem die Obrigkeit noch den Individuen die Geschäfte zuweist. In vielen orientalischen Staaten geschieht diese Zuweisung durch die Geburt. Die subjektive Freiheit, die berücksichtigt werden muß, fordert aber freie Wahl der Individuen.

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