40

Das Recht ist zuerst das unmittelbare Dasein, welches sich die Freiheit auf unmittelbare Weise gibt,
a) Besitz, welcher Eigentum ist; – die Freiheit ist hier die des abstrakten Willens überhaupt oder eben damit einer einzelnen, sich nur zu sich verhaltenden Person.
b) Die Person, sich von sich unterscheidend, verhält sich zu einer anderen Person, und zwar haben beide nur als Eigentümer füreinander Dasein. Ihre an sich seiende Identität erhält Existenz durch das Übergehen des Eigentums des einen in das des anderen mit gemeinsamen Willen und Erhaltung ihres Rechts – im Vertrag.
c) Der Wille als (a) in seiner Beziehung auf sich, nicht von einer anderen Person (b), sondern in sich selbst unterschieden, ist er, als besonderer Wille von sich als an und für sich seiendem verschieden und entgegengesetzt, Unrecht und Verbrechen.

Die Einteilung des Rechts in Personen-Sachenrecht und das Recht zu Aktionen hat, so wie die vielen anderen dergleichen Einteilungen, zunächst den Zweck, die Menge des vorliegenden unorganischen Stoffs in eine äußerliche Ordnung zu bringen. Es liegt in diesem Einteilen vornehmlich die Verwirrung, Rechte, welche substantielle Verhältnisse, wie Familie und Staat, zu ihrer Voraussetzung haben, und solche, die sich auf die bloße abstrakte Persönlichkeit beziehen, kunterbunt zu vermischen. In diese Verwirrung gehört die Kantische und sonst beliebt gewordene Einteilung in sächliche, persönliche und dinglichpersönliche Rechte. Das Schiefe und Begrifflose der Einteilung in Personen– und Sachenrecht, das in dem römischen Rechte zugrunde liegt, zu entwickeln (das Recht zu Aktionen betrifft die Rechtspflege und gehört nicht in diese Ordnung), würde zu weit führen. Hier erhellt schon so viel, [siehe handschriftliche Notiz] daß nur die Persönlichkeit ein Recht an Sachen gibt und daher das persönliche Recht wesentlich Sachenrecht ist – Sache im allgemeinen Sinne als das der Freiheit überhaupt Äußerliche, wozu auch mein Körper, mein Leben gehört. Dies Sachenrecht ist das Recht der Persönlichkeit als solcher. Was aber das im römischen Rechte sogenannte Personenrecht betrifft, so soll der Mensch erst mit einem gewissen status betrachtet eine Person sein (Heineccius, Elementa Juris civilis, [1728], § 75); im römischen Rechte ist hiermit sogar die Persönlichkeit selbst, als gegenüber der Sklaverei, nur ein Stand, Zustand. Der Inhalt des römischen sogenannten Personenrechtes betrifft dann außer dem Recht an Sklaven, wozu ungefähr auch die Kinder gehören, und dem Zustande der Rechtlosigkeit (capitis diminutio) die Familienverhältnisse. Bei Kant sind vollends die Familienverhältnisse die auf dingliche Weise persönlichen Rechte. – Das römische Personenrecht ist daher nicht das Recht der Person als solcher, sondern wenigstens der besonderen Person; – späterhin wird sich zeigen, daß das Familienverhältnis vielmehr das Aufgeben der Persönlichkeit zu seiner substantiellen Grundlage hat. Es kann nun nicht anders als verkehrt erscheinen, das Recht der besonders bestimmten Person vor dem allgemeinen Rechte der Persönlichkeit abzuhandeln. – Die persönlichen Rechte bei Kant sind die Rechte, die aus einem Vertrage entstehen, daß Ich etwas gebe, leiste – das ius ad rem im römischen Recht, das aus einer obligatio entspringt. Es ist allerdings nur eine Person, die aus einem Vertrage zu leisten hat, sowie auch nur eine Person, die das Recht an eine solche Leistung erwirbt, aber ein solches Recht kann man darum nicht ein persönliches nennen; jede Art von Rechten kommt nur einer Person zu, und objektiv ist ein Recht aus dem Vertrage nicht Recht an eine Person, sondern nur an ein ihr Äußerliches oder etwas von ihr zu Veräußerndes, immer an eine Sache.

Right is in the first place the immediate embodiment which
freedom gives itself in an immediate way, i.e. (a) possession, which is
property — ownership. Freedom is here the freedom of the abstract
will in general or,
eo ipso, the freedom of a single person related only
to himself. (b) A person by distinguishing himself from himself
relates himself to another person, and it is only as owners that these
two persons really exist for each other. Their implicit identity is
realised through the transference of property from one to the other in
conformity with a common will and without detriment to the rights
of either. This is
contract. (c) The will which is differentiated not in the
sense of (b) as being contrasted with another person, but in the sense
of (a) as related to itself, is as a particular will at variance with and
opposed to itself as an absolute will. This opposition is wrongdoing
and
crime.


Kommentare

2 Antworten zu „40“

  1. Avatar von Eduard Gans
    Eduard Gans

    Das Vernünftige des Eigentums liegt nicht in der Befriedigung der Bedürfnisse, sondern darin, daß sich die bloße Subjektivität der Persönlichkeit aufhebt. Erst im Eigentume ist die Person als Vernunft. Wenn auch diese erste Realität meiner Freiheit in einer äußerlichen Sache, somit eine schlechte Realität ist, so kann die abstrakte Persönlichkeit eben in ihrer Unmittelbarkeit kein anderes Dasein als in der Bestimmung der Unmittelbarkeit haben.

  2. Avatar von Hegel
    Hegel

    [zu § 40]
    Dies die Grundbestimmungen – abstrakt – Fruchtbarkeit dieses Begriffs im Folgenden – Resultate nur durch sie – ohne sie nichts im Folgenden bestimmen – selbst das Konkrete – Folge von ihnen.
    a) Wie wird etwas mein? Wie erwerbe Ich Eigentum überhaupt? b) wie das Eigentum eines Andern, wie wird das Eigentum eines Andern mein? c) wie wird mein Eigentum wieder mein, wie erhalte ich mein verletztes Recht zurück – oder vielmehr, wie stellt sich das verletzte Recht her? Wiedererwerbung des Eigentums, aber auch [des] Recht[s] als Recht.
    oder a) Freiheit gibt sich auf natürliche, unmittelbare Weise Dasein – b) Vermittels und zwar des Willens eines Andern. c) Vermittels des Unrechts – wider den besonderen Willen, hier Trennung des besonderen Willens und seines Begriffs – Frei[:] das Allgemeine für sich tritt so heraus.
    Es ist darum zu tun, dem Begriffe Realität zu geben und zugleich von der Unmittelbarkeit und Einzelheit zu reinigen – Allgemeines, das wirklich – oder Wirklichkeit, die selbst eine allgemeine ist a) Allgemein b) Mittel c) aufgehoben. Dies die Bedeutung der a) b) c) Fragen, bei deren nächstem Sinne man an Etwas ganz anderes denkt –
    a) Einz[elheit] – und gegen Einz[elheit] nur negativ. Breiter werden – Differenz eben damit Einheit derselben.
    b) Beziehung Einz[elner]22) aufeinander, insofern positives Verhältnis, Identität – Ich tue in Rücksicht auf andere; α) an sich identisch,
    β) gesetzte Identität des W[illens] über besonderes Eigentum eines jeden – nur gesetzte, und doch jeder für sich gebunden, in der Freiheit des Andern in Einheit –
    c) Identität des Rechts mit sich – vermittelt durch Negation des Rechts.
    α) Verhältnis nicht mehr zur Äußerlichkeit als abstrakten Sachen, sondern als Eigentum eines Andern.
    β) Identität hierin – und Isolierung[?] des Persönlichen.
    Allgemeine, Freie für sich, im Unterschied sich setzend (nicht abstrakter Gedanke) wirklich – im Unterschiede von seiner unmittelbaren Wirklichkeit – ist Absicht, Vorsatz – das Gute – in Moralität.
    Unrecht, Verbrechen enthält ein Insichsein, d. i. eine in sich selbst unterschiedene Innerlichkeit, – ebenso Strafe Rache des Verbrechens, – Recht als allgemein macht sich geltend, gibt sich Realität in und gegen einen besondern Willen
    Recht wird als ein allgemeines hier – weil ent[gegengesetzt] dem besonderen Willen –
    α) Eigentum ist das Durchgehende in a, b, c.
    β) Die Unmittelbarkeit muß sich abreiben, verschwinden; – negiert werden, – und Resultat, daß es das Recht als solches ist, welchem Dasein gegeben wird, – (Kriminalrecht – nicht das äußerliche Eigentum)
    γ) a) Gegenständlich ist mein unmittelbarer einzelner Wille im Dinge, b) mein Wille als bestätigt durch den Willen eines Andern; Einheit zweier Willen, Ref[lexion], Allgemeinheit. c) Dasein des freien Willens als solchen; das Recht als Recht.
    a. ist Recht; in c. wird dies Recht Gegenstand und Ich, Person als Dasein gemeinschaftlichen Willens, nicht als mit besonderem Interesse, sondern mit Interesse des Rechts; oder subjektive Seite ist selbst allgemein bestimmt als das Recht.
    Ebenso in b. Ich, subjektiv, will nicht nur meinen Willen, sondern auch Willen des Andern.

    [zu § 40 Anm., (a)]
    Vorausgeschickt ist im römischen Rechte (kann man sagen): wer ist eigentumsfähig? Der Bürger. Nicht Sklaven, nicht Kinder überhaupt. – Auch bei uns nicht Kinder, auch nicht Frauen – doch mehr haben nicht Besitz – und Disposition darüber
    Aber diese Bestimmung und Beschränkung des Eigentumsrechts ist abhängig von einem höheren Verhältnis – das erst später – und ist auch nicht ein Personenrecht, – sondern vielmehr Kind – noch nicht Person.
    In Kindern ist das Moment der Unpersönlichkeit, Rechtsunfähigkeit, für sich, isoliert, gegenständlich – Auch im Staate, Aufgeben des abstrakten Eigentumsrechts; ein höheres, das über mein Eigentum disponiert.

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