Die Stipulation enthält die Seite des Willens, daher das Substantielle des Rechtlichen im Vertrage, gegen welches der, insofern der Vertrag noch nicht erfüllt ist, noch bestehende Besitz für sich nur das Äußerliche ist, das seine Bestimmung allein in jener Seite hat. Durch die Stipulation habe ich ein Eigentum und besondere Willkür darüber aufgegeben, und es ist bereits Eigentum des anderen geworden, ich bin daher durch sie unmittelbar zur Leistung rechtlich verbunden.
Der Unterschied von einem bloßen Versprechen und einem Vertrag liegt darin, daß in jenem das, was ich schenken, tun, leisten wolle, als ein Zukünftiges ausgesprochen ist und noch eine subjektive Bestimmung meines Willens bleibt, die ich hiermit noch ändern kann. Die Stipulation des Vertrags hingegen ist schon selbst das Dasein meines Willensbeschlusses in dem Sinne, daß ich meine Sache hiermit veräußert, sie jetzt aufgehört habe, mein Eigentum zu sein, und daß ich sie bereits als Eigentum des anderen anerkenne. Die römische Unterscheidung zwischen pactum und contractus ist von schlechter Art. – Fichte1 hat einst die Behauptung aufgestellt, daß die Verbindlichkeit, den Vertrag zu halten, nur erst mit der beginnenden Leistung des anderen für mich anfange, weil ich vor der Leistung in der Unwissenheit darüber sei, ob der andere es ernstlich mit seiner Äußerung gemeint habe; die Verbindlichkeit vor der Leistung sei daher nur moralischer, nicht rechtlicher Natur. Allein die Äußerung der Stipulation ist nicht eine Äußerung überhaupt, sondern enthält den zustande gekommenen gemeinsamen Willen, in welchem die Willkür der Gesinnung und ihrer Änderung sich aufgehoben hat. Es handelt sich deswegen nicht um die Möglichkeit, ob der andere innerlich anders gesinnt gewesen oder geworden sei, sondern ob er das Recht dazu habe. Wenn der andere auch zu leisten anfängt, bleibt mir gleichfalls die Willkür des Unrechts. Jene Ansicht zeigt ihre Nichtigkeit gleich dadurch, daß das Rechtliche des Vertrags auf die schlechte Unendlichkeit, den Prozeß ins Unendliche, gestellt wäre, auf die unendliche Teilbarkeit der Zeit, der Materie, des Tuns usf. Das Dasein, das der Wille in der Förmlichkeit der Gebärde oder in der für sich bestimmten Sprache hat, ist schon sein, als des intellektuellen, vollständiges Dasein, von dem die Leistung nur die selbstlose Folge ist. – Daß es übrigens im positiven Rechte sogenannte Real-Kontrakte gibt, zum Unterschiede von sogenannten Konsensual– Kontrakten in dem Sinne, daß jene nur für vollgültig angesehen werden, wenn zu der Einwilligung die wirkliche Leistung (res, traditio rei) hinzukommt, tut nichts zur Sache. Jene sind teils die besonderen Fälle, wo mich diese Übergabe erst in den Stand setzt, meinerseits leisten zu können, und meine Verbindlichkeit, zu leisten, sich allein auf die Sache, insofern ich sie in die Hände erhalten, bezieht, wie beim Darlehn, Leihkontrakt und Depositum (was auch noch bei anderen Verträgen der Fall sein kann) – ein Umstand, der nicht die Natur des Verhältnisses der Stipulation zur Leistung, sondern die Art und Weise des Leistens betrifft -, teils bleibt es überhaupt der Willkür überlassen, in einem Vertrag zu stipulieren, daß die Verbindlichkeit des einen zur Leistung nicht im Vertrage als solchem selbst liegen, sondern erst von der Leistung des anderen abhängig sein solle.
In contract it is the will, and therefore the substance of what is
right in contract, that the stipulation enshrines. In contrast with this
substance, the possession which is still being retained while the
contract remains unfulfilled is in itself only something external,
dependent for its character as a possession on the will alone. By
making the stipulation, I have given up a property and withdrawn my
particular arbitrary will from it, and it has eo ipso become the property
of another. If then I agree to stipulated terms, I am by rights at once
bound to carry them out.
- Beiträge zur Berichtigung der Urteile des Publikums über die französische Revolution, Sämtl. Werke, VI, 111 ff. ↩︎
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.