70

Die umfassende Totalität der äußerlichen Tätigkeit, das Leben, ist gegen die Persönlichkeit, als welche selbst diese und unmittelbar ist, kein Äußerliches. Die Entäußerung oder Aufopferung desselben ist vielmehr das Gegenteil, als das Dasein dieser Persönlichkeit. Ich habe daher zu jener Entäußerung überhaupt kein Recht, und nur eine sittliche Idee, als in welcher diese unmittelbar einzelne Persönlichkeit an sich untergegangen und die deren wirkliche Macht ist, hat ein Recht darauf, so daß zugleich, wie das Leben als solches unmittelbar, auch der Tod die unmittelbare Negativität desselben ist, daher er von außen, als eine Natursache oder, im Dienste der Idee, von fremder Hand empfangen werden muß.

The comprehensive sum of external activity, i.e. life, is not
external to personality as that which itself is, immediate and a
this.
The surrender or the sacrifice of life is not the existence of
this
personality but the very opposite. There is therefore no unqualified
right to sacrifice one’s life. To such a sacrifice nothing is entitled
except an ethical Idea as that in which this immediately single
personality has vanished and to whose power it is actually subjected.
Just as life as such is immediate, so death is its immediate negation
and hence must come from without, either by natural causes, or else,
in the service of the Idea, by the hand of a foreigner.


Kommentare

2 Antworten zu „70“

  1. Avatar von Eduard Gans
    Eduard Gans

    Die einzelne Person ist allerdings ein Untergeordnetes, das dem sittlichen Ganzen sich weihen muß. Wenn der Staat daher das Leben fordert, so muß das Individuum es geben, aber darf der Mensch sich selbst das Leben nehmen? Man kann das sich Töten zuvörderst als eine Tapferkeit ansehen, aber als eine schlechte von Schneidern und Mägden. Dann kann es wiederum als ein Unglück betrachtet werden, indem Zerrissenheit des Inneren dazu führt. Aber die Hauptfrage ist: habe ich ein Recht dazu? Die Antwort wird sein, daß ich als dies Individuum nicht Herr über mein Leben bin, denn die umfassende Totalität der Tätigkeit, das Leben, ist gegen die Persönlichkeit, die selbst diese unmittelbar ist, kein Äußerliches. Spricht man also von einem Recht, das die Person über ihr Leben habe, so ist dies ein Widerspruch, denn es hieße, die Person habe ein Recht über sich. Dieses hat sie aber nicht, denn sie steht nicht über sich und kann sich nicht richten. Wenn Herkules sich verbrannte, wenn Brutus sich in sein Schwert stürzte, so ist dieses das Benehmen des Heroen gegen seine Persönlichkeit; aber wenn vom einfachen Recht, sich zu töten, gehandelt wird, so darf dies auch den Heroen abgesprochen werden.

  2. Avatar von Hegel
    Hegel

    α) Elend, reines, abstraktes Unglück – Unglück als solches.
    β) Schande; dies Subjekt zu hoch.
    Verlust –
    α) der äußeren Möglichkeit des Standes, der Ehre – kann von sehr beschränkter Art sein – Werther –
    β) der Republik, Roms;
    γ) des Genießens – Interesse am Genuß – Engländer blasé
    δ) des guten Gewissens – durch Verbrechen –
    Beurteilung – α) ob rechtlich erlaubt – β) ob sittlich erlaubt – sich dem Unglücke, der Schande, Entehrung – und zwar unverdienter- [zu] entziehen –
    Wenn der Mensch in diese Tiefe hinabsteigt, – sein Leben Gesamtumfang zur Vergleichung, zur Entgegenstellung und zur Frage bringt, – so tritt damit die Forderung ein, daß er auch in die Tiefe seines Geistes steigt, – ehe er urteilt, dies Leben hat keinen Wert. – Ist in ihm nichts vorhanden, wodurch er ihm einen Wert verschaffen könnte, – so steht er auf einer untergeordneten Stufe seines sittlichen Bewußtseins.
    Die Ansicht des speziellen Individuums – dasselbe verdammen wie bei jedem Verbrechen – Mensch schlecht erzogen, Mangel, etwas Zurückstoßendes in seinem Äußeren, Manieren – vielfach in sich verbittert – psychologische Schilderung – z. B. Sonnenwirt bei Schiller [“Der Verbrecher aus verlorener Ehre”].
    Verstehen kann man es wohl, aber nicht rechtfertigen –

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