94

Das abstrakte Recht ist Zwangsrecht, weil das Unrecht gegen dasselbe eine Gewalt gegen das Dasein meiner Freiheit in einer äußerlichen Sache ist, die Erhaltung dieses Daseins gegen die Gewalt hiermit selbst als eine äußerliche Handlung und eine jene erste aufhebende Gewalt ist.

Das abstrakte oder strenge Recht sogleich von vornherein als ein Recht definieren, zu dem man zwingen dürfe, heißt es an einer Folge auffassen, welche erst auf dem Umwege des Unrechts eintritt.

Abstract right is a right to coerce, because the wrong which
transgresses it is an exercise of force against the existence of my
freedom in an external thing. The maintenance of this existent against
the exercise of force therefore itself takes the form of an external act
and an exercise of force annulling the force originally brought against
it.


Kommentare

2 Antworten zu „94“

  1. Avatar von Eduard Gans
    Eduard Gans

    Hier ist der Unterschied zwischen dem Rechtlichen und Moralischen hauptsächlich zu berücksichtigen. Bei dem Moralischen, das heißt bei der Reflexion in mich, ist auch eine Zweiheit, denn das Gute ist mir Zweck, und nach dieser Idee soll ich mich bestimmen. Das Dasein des Guten ist mein Entschluß, und ich verwirkliche dasselbe in mir; aber dieses Dasein ist ganz innerlich, und es kann daher kein Zwang stattfinden. Die Staatsgesetze können sich also auf die Gesinnung nicht erstrecken wollen, denn im Moralischen bin ich für mich selbst, und die Gewalt hat hier keinen Sinn.

  2. Avatar von Hegel
    Hegel

    Zwang gegen Unrecht; – Abgaben, Soldatendienst – sind zur Disposition des Staates gesetzt. – Man fragt: Zu was ist zu zwingen erlaubt? Warum nicht zu moralischer Hilfe, Religionsübungen usf.? Es sei auch Unrecht, dies zu unterlassen; – moralisches, religiöses Unrecht, innerliches Unrecht; – auch äußerliche Handlungen, welche wesentlich aus meiner moralischen Innerlichkeit kommen sollen, sonst keinen Grund haben, d. h. ihrem Inhalt nach nicht auf Persönlichkeit und Eigentum, äußerliche Dienstleistungen beschränkt sind, zu denen ich verbunden bin; nicht bloß diese Abstraktionen sind. Auch rechtliche Handlungen, Halten des Vertrags, Abgabe, Militärdienst, sollen moralisch [sein,] aus meinem moralischen Willen kommen; aber Grund ist nicht wesentlich Gesinnung, sondern abstrakte Persönlichkeit- diese kann ebenso nicht direkt gezwungen werden, d. i. etwas zu meinem Eigentum zu machen, sondern nur auf getanes Unrecht – gegen bereits erworbenes Recht eines Andern in einer äußerlichen Sache. Recht auf moralische Hilfe ist erst durch meine Willkür, die noch ein Innerliches ist, zu erwerben; Willkür, hier wesentliches Moment, – erworbenes Recht.
    Weil persönlicher Wille abstrakt, in der äußerlichen Sache erschöpft, und umgekehrt, er ist nur äußerlicher Wille, nicht konkreter geistiger Wille.
    Sachlichkeit – des Eigentumsrechts – der Freiheit.
    Striktes Recht, – abstraktes Recht – geht das Innere noch nicht an – ein moralischer Anspruch, sittlicher Anspruch auf Gemüt oder Liebe – weil ich da meinen Anspruch – oder Recht, wenn ich es so nennen will – in dem Gemüt, in der Liebe des Andern finden will – er soll diese Gesinnung gegen mich haben – Anspruch, Recht auf Mitleiden – d. i. auf ihre Empfindung – Handlung bloß eine Folge derselben – ich habe nicht ein Recht, einen direkten Anspruch auf eine Sache selbst – ein Anspruch aufs Recht wäre ein Recht auf Recht – Anspruch überhaupt nur ein unvollständiges Recht –

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