286

Die objektive Garantie der fürstlichen Gewalt, der rechtlichen Sukzession nach der Erblichkeit des Thrones usf. liegt darin, daß, wie diese Sphäre ihre von den anderen durch die Vernunft bestimmten Momenten ausgeschiedene Wirklichkeit hat, ebenso die anderen für sich die eigentümlichen Rechte und Pflichten ihrer Bestimmung haben; jedes Glied, indem es sich für sich erhält, erhält im vernünftigen Organismus eben damit die anderen in ihrer Eigentümlichkeit.

Kommentare

Eine Antwort zu „286“

  1. Avatar von Karl Marx
    Karl Marx

    |239|§ 286. »Die objektive Garantie der fürstlichen Gewalt, der rechtlichen Sukzession nach der Erblichkeit des Thrones usf. liegt darin, daß, ,wie diese Sphäre ihre von den anderen durch die Vernunft bestimmten Momenten ausgeschiedene Wirklichkeit hat, ebenso die anderen für sich die eigentümlichen Rechte und Pflichten ihrer Bestimmung haben; jedes Glied, indem es sich für sich erhält, erhält im vernünftigen Organismus eben damit die anderen in ihrer Eigentümlichkeit.«

    Hegel sieht nicht, daß er mit diesem dritten Moment, dem »an und für sich Allgemeinen«, die beiden ersten in die Luft sprengt oder umgekehrt. »Die fürstliche Gewalt setzt insofern die anderen Momente voraus, wie jedes von diesen sie voraussetzt.« Wird dieses Setzen nicht mystisch, sondern realiter genommen, so ist die fürstliche Gewalt nicht durch die Geburt, sondern durch die andern Momente gesetzt, also nicht erblich, sondern fließend, d.h. eine Bestimmung des Staats, die abwechselnd an Staatsindividuen nach dem Organismus der andern Momente verteilt wird. In einem vernünftigen Organismus kann nicht der Kopf von Eisen und der Körper von Fleisch sein. Damit die Glieder sich erhalten, müssen sie ebenbürtig, von einem Fleisch uni Blut sein. Aber der erbliche Monarch ist nicht ebenbürtig, er ist aus anderm Stoff. Der Prosa des rationalistischen Willens der andern Staatsglieder tritt hier die Magie der Natur gegenüber. Zudem, Glieder können sich nur insofern wechselseitig erhalten, als der ganze Organismus flüssig und jedes derselben in dieser Flüssigkeit aufgehoben, also keines, wie hier der Staatskopf, »unbewegt«, »inalterabel« ist. Hegel hebt durch diese Bestimmung also die »geborene Souveränität« auf.

    Zweitens die Unverantwortlichkeit. Wenn der Fürst das »Ganze der Verfassung«, die »Gesetze«, verletzt, hört seine Unverantwortlichkeit, weil sein verfassungsmäßiges Dasein, auf; aber eben diese Gesetze, diese Verfassung, machen ihn unverantwortlich. Sie widersprechen also sich selbst, und diese eine Klausel hebt Gesetz und Verfassung auf. Die Verfassung der konstitutionellen Monarchie ist die Unverantwortlichkeit.

    Begnügt sich Hegel aber damit, »daß, wie diese Sphäre ihre von den anderen durch die Vernunft bestimmten Momenten ausgeschiedene Wirklichkeit [hat], ebenso die anderen für sich die eigentümlichen Rechte und Pflichten ihrer Bestimmung haben«, so müßte er die Verfassung des Mittelalters eine Organisation nennen; so hat er bloß mehr eine Masse besonderer Sphären, die in dem Zusammenhang einer äußern Notwendigkeit zusammenstehn, und allerdings paßt auch nur hierhin ein leiblicher Monarch. In einem Staate, worin jede Bestimmung für sich existiert, muß auch die Souveränität des Staats als ein besondres Individuum befestigt sein.

    |240| Resumé über Hegels Entwicklung der
    fürstlichen Gewalt oder der Idee der
    Staatssouveränität.

    § 279. Anmerkung 5. 367 heißt es:

    »Volkssouveränität kann in dem Sinn gesagt werden, daß ein Volk überhaupt nach Außen ein Selbständiges sei und einen eigenen Staat ausmache, wie das Volk von Großbritannien, aber das Volk von England oder Schottland, Irland oder von Venedig, Genua, Ceylon usf. kein souveränes Volk mehr sei, seitdem sie aufgehört haben, eigene Fürsten oder oberste Regierungen für sich zu haben.«

    Die Volkssouveränität ist also hier die Nationalität, die Souveränität des Fürsten ist die Nationalität, oder das Prinzip des Fürstentums ist die Nationalität, die für sich und ausschließlich die Souveränität eines Volkes bildet. Ein Volk, dessen Souveränität nur in der Nationalität besteht, hat einen Monarchen. Die verschiedne Nationalität der Völker kann sich nicht besser befestigen und ausdrucken als durch verschiedne Monarchen. Die Kluft, die zwischen einem absoluten Individuum und dem andern, ist zwischen diesen Nationalitäten.

    Die Griechen (und Römer) waren national, weil und insofern sie das souveräne Volk waren. Die Germanen sind souverän, weil und insofern sie national sind.

    »Eine sogenannte moralische Person«, heißt es ferner in derselben Anmerkung, »Gesellschaft, Gemeinde, Familie, so konkret sie in sich ist, hat die Persönlichkeit nur als Moment, abstrakt in ihr; sie ist darin nicht zur Wahrheit ihrer Existenz gekommen, der Staat aber ist eben diese Totalität, in welcher die Momente des Begriffs zur Wirklichkeit nach ihrer eigentümlichen Wahrheit gelangen.«

    Die moralische Person, Gesellschaft, Familie etc. hat die Persönlichkeit nur abstrakt in ihr; dagegen im Monarchen hat die Person den Staat in sich.

    In Wahrheit hat die abstrakte Person erst in der moralischen Person, Gesellschaft, Familie etc. ihre Persönlichkeit zu einer wahren Existenz gebracht. Aber Hegel faßt Gesellschaft, Familie etc., überhaupt die moralische Person, nicht als die Verwirklichung der wirklichen, empirischen Person, sondern als wirkliche Person, die aber das Moment der Persönlichkeit erst abstrakt in ihr hat. Daher kommt bei ihm auch nicht die wirkliche Person zum Staat, sondern der Staat muß erst zur wirklichen Person kommen. Statt daß daher der Staat als die höchste Wirklichkeit der Person, als die höchste soziale Wirklichkeit des Menschen, wird ein einzelner empirischer Mensch, wird die empirische Person als die höchste Wirklichkeit des Staats hervorgebracht. Diese Verkehrung des Subjektiven in das Objektive und des Objektiven in das Subjektive (die daher rührt, daß Hegel die Lebensgeschichte der abstrakten Substanz |241|*, der Idee, schreiben will, daß also die menschliche Tätigkeit etc. als Tätigkeit und Resultat eines andern erscheinen muß, daß Hegel das Wesen des Menschen für sich, als eine imaginäre Einzelnheit, statt in seiner wirklichen, menschlichen Existenz wirken lassen will) hat notwendig das Resultat, daß unkritischerweise eine empirische Existenz als die wirkliche Wahrheit der Idee genommen wird; denn es handelt sich nicht davon, die empirische Existenz zu ihrer Wahrheit, sondern die Wahrheit zu einer empirischen Existenz zu bringen, und da wird denn die zunächstliegende als ein reales Moment der Idee entwickelt. (Über dieses notwendige Umschlagen von Empirie in Spekulation und von Spekulation in Empirie später mehr.)

    Auf diese Weise wird denn auch der Eindruck des Mystischen und Tiefen hervorgebracht. Es ist sehr vulgär, daß der Mensch geboren worden ist; und daß dies durch die physische Geburt gesetzte Dasein zum sozialen Menschen etc. wird bis zum Staatsbürger herauf; der Mensch wird durch seine Geburt alles, was er wird. Aber es ist sehr tief, es ist frappant, daß die Staatsidee unmittelbar geboren wird, in der Geburt des Fürsten sich selbst zum empirischen Dasein herausgeboren hat. Es ist auf diese Weise kein Inhalt gewonnen, sondern nur die Form des alten Inhalts verändert. Er hat eine philosophische Form erhalten, ein philosophisches Attest.

    Eine andere Konsequenz dieser mystischen Spekulation ist, daß ein besondres empirisches Dasein, ein einzelnes empirisches Dasein im Unterschied von den andern als das Dasein der Idee gefaßt wird. Es macht wieder einen tiefen mystischen Eindruck, ein besondres empirisches Dasein von der Idee gesetzt zu sehen und so auf allen Stufen einer Menschwerdung Gottes zu begegnen.

    Würden z.B. bei der Entwicklung von Familie, bürgerlicher Gesellschaft, Staat etc. diese sozialen Existentialweisen des Menschen als Verwirklichung, Verobjektivierung seines Wesens betrachtet, so erscheinen Familie etc. als einem Subjekt inhärente Qualitäten. Der Mensch bleibt immer das Wesen aller dieser Wesen, aber diese Wesen erscheinen auch als seine wirkliche Allgemeinheit, daher auch als das Gemeinsame. Sind dagegen Familie, bürgerliche Gesellschaft, Staat etc. Bestimmungen der Idee, der Substanz als Subjekt, so müssen sie eine empirische Wirklichkeit erhalten und die Menschenmasse, in der sich die Idee der bürgerlichen Gesellschaft entwickelt, ist Bürger, die andere Staatsbürger. Da es eigentlich nur um eine Allegorie, nur darum zu tun ist, irgendeiner empirischen Existenz die Bedeutung der verwirklichten Idee beizulegen, so versteht es sich, daß diese Gefäße ihre Bestimmung erfüllt haben, sobald sie zu einer bestimmten Inkorporation eines Lebensmomentes der Idee geworden sind. Das Allgemeine erscheint daher überall |242| als ein Bestimmtes, Besonderes, wie das Einzelne nirgends zu seiner wahren Allgemeinheit kommt.

    Am tiefsten, spekulativsten erscheint es daher notwendig, wenn die abstraktesten, noch durchaus zu keiner wahren sozialen Verwirklichung gereiften Bestimmungen, die Naturbasen des Staats, wie die Geburt (beim Fürsten) oder das Privateigentum (im Majorat) als die höchsten, unmittelbar Mensch gewordenen Ideen erscheinen.

    Und es versteht sich von selbst. Der wahre Weg wird auf den Kopf gestellt. Das Einfachste ist das Verwickeltste und das Verwickeltste das Einfachste. Was Ausgang sein sollte, wird zum mystischen Resultat, und was rationelles Resultat sein sollte, wird zum mystischen Ausgangspunkt.

    Wenn aber der Fürst die abstrakte Person ist, die den Staat in sich hat, so heißt das überhaupt nichts, als daß das Wesen des Staats die abstrakte, die Privatperson ist. Bloß in seiner Blüte spricht er sein Geheimnis aus. Der Fürst ist die einzige Privatperson, in der sich das Verhältnis der Privatperson überhaupt zum Staat verwirklicht.

    Die Erblichkeit des Fürsten ergibt sich aus seinem Begriff. Er soll die spezifisch von der ganzen Gattung, von allen andern Personen unterschiedene Person sein. Welches ist nun der letzte feste Unterschied einer Person von allen andern? Der Leib. Die höchste Funktion des Leibes ist die Geschlechtstätigkeit. Der höchste konstitutionelle Akt des Königs ist daher seine Geschlechtstätigkeit, denn durch diese macht er einen König und setzt seinen Leib fort. Der Leib seines Sohnes ist die Reproduktion seines eigenen Leibes, die Schöpfung eines königlichen Leibes.

Schreibe einen Kommentar