301

Das ständische Element hat die Bestimmung, daß die allgemeine 7/468 Angelegenheit nicht nur an sich, sondern auch für sich, d. i. daß das Moment der subjektiven formellen Freiheit, das öffentliche Bewußtsein als empirische Allgemeinheit der Ansichten und Gedanken der Vielen, darin zur Existenz komme.

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2 Antworten zu „301“

  1. Avatar von Karl Marx
    Karl Marx

    § 301. »Das ständische Element hat die Bestimmung, daß die allgemeine Angelegenheit nicht nur an sich, sondern auch für sich, d. i. daß das Moment der subjektiven formellen Freiheit, das öffentliche Bewußtsein als empirische Allgemeinheit der Ansichten und Gedanken der Vielen, darin zur Existenz komme.«

    Das ständische Element ist eine Deputation der bürgerlichen Gesellschaft an den Staat, dem sie als die »Vielen« gegenüberstehn. Die Vielen sollen einen Augenblick die allgemeinen Angelegenheiten mit Bewußtsein als ihre eigenen behandeln, als Gegenstände des öffentlichen Bewußtseins, welches nach Hegel nichts ist als die »empirische Allgemeinheit der Ansichten und Gedanken der Vielen« (und in Wahrheit ist es in den modernen, auch den konstitutionellen, Monarchien nichts anders). Es ist bezeichnend, daß Hegel, der so großen Respekt vor dem Staatsgeist, dem sittlichen Geist, dem Staatsbewußtsein hat, es da, wo es ihm in wirklicher empirischer Gestalt gegenübertritt, förmlich verachtet.

    Dies ist das Rätsel des Mystizismus. Dieselbe phantastische Abstraktion, die das Staatsbewußtsein in der unangemeßnen Form der Bürokratie, einer Hierarchie des Wissens, wiederfindet und diese unangemeßne Existenz unkritisch für die wirkliche Existenz hinnimmt als vollgültig, dieselbe mystische Abstraktion gesteht ebenso unbefangen, daß der wirkliche empirische Staatsgeist, das öffentliche Bewußtsein, ein bloßes Potpourri von »Gedanken und Ansichten der Vielen« sei. Wie sie der Bürokratie ein fremdes Wesen unterschiebt, so läßt sie dem wahren Wesen die unangemeßne Form der Erscheinung. Hegel idealisiert die Bürokratie und empirisiert das öffentliche |264| Bewußtsein. Hegel kann das wirkliche öffentliche Bewußtsein sehr à part behandeln, eben weil er das à part Bewußtsein als das öffentliche behandelt hat. Er braucht sich um so weniger um die wirkliche Existenz des Staatsgeistes zu kümmern, als er schon in seinen soi-disant |sogenannten|Existenzen ihn gehörig realisiert zu haben meint. Solange der Staatsgeist mystisch im Vorhof spukte, wurden ihm viel Reverenzen gemacht. Hier, wo wir ihn [in] persona gehascht, wird er kaum angesehn.

    »Das ständische Element hat die Bestimmung, daß die allgemeine Angelegenheit nicht nur an sich, sondern auch für sich darin zur Existenz komme.« Und zwar kommt sie für sich zur Existenz als das »öffentliche Bewußtsein«, als »empirische Allgemeinheit der Ansichten und Gedanken der Vielen«.

    Das Subjektwerden der »allgemeinen Angelegenheit«, die auf diese Weise verselbständigt wird, wird hier als ein Moment des Lebensprozesses der »allgemeinen Angelegenheit« dargestellt. Statt daß die Subjekte sich in der »allgemeinen Angelegenheit« vergegenständlichten, läßt Hegel die »allgemeine Angelegenheit« zum »Subjekt« kommen. Die Subjekte bedürfen nicht der »allgemeinen Angelegenheit« als ihrer wahren Angelegenheit, sondern die allgemeine Angelegenheit bedarf der Subjekte zu ihrer formellen Existenz. Es ist eine Angelegenheit der »allgemeinen Angelegenheit«, daß sie auch als Subjekt existiere.

    Es ist hier besonders der Unterschied zwischen dem »Ansichsein« und dem »Fürsichsein« der allgemeinen Angelegenheit ins Auge zu fassen.

    Die »allgemeine Angelegenheit« existiert schon »an sich« als das Geschäft der Regierung etc.; sie existiert, ohne wirklich die allgemeine Angelegenheit zu sein; sie ist nichts weniger als dies, denn sie ist nicht die Angelegenheit der »bürgerlichen Gesellschaft«. Sie hat schon ihre wesentliche an sich seiende Existenz gefunden. Daß sie nun auch wirklich »öffentliches Bewußtsein«, »empirische Allgemeinheit« wird, ist rein formell und kommt gleichsam nur symbolisch zur Wirklichkeit. Die »formelle« Existenz oder die »empirische« Existenz der allgemeinen Angelegenheit ist getrennt von ihrer substantiellen Existenz. Die Wahrheit davon ist: Die an sich seiende »allgemeine Angelegenheit« ist nicht wirklich allgemein, und die wirkliche empirische allgemeine Angelegenheit ist nur formell.

    Hegel trennt Inhalt und Form, Ansichsein und Fürsichsein und läßt das letztere als ein formelles Moment äußerlich hinzutreten. Der Inhalt ist fertig und existiert in vielen Formen, die nicht die Formen dieses Inhaltes sind; |265| wogegen es sich von selbst versteht daß die Form, die nun für die wirkliche Form des Inhalts gelten soll, nicht den wirklichen Inhalt zu ihrem Inhalt hat.

    Die allgemeine Angelegenheit ist fertig, ohne daß sie wirkliche Angelegenheit des Volks wäre. Die wirkliche Volkssache ist ohne Tun des Volks zustande gekommen. Das ständische Element ist die illusorische Existenz der Staatsangelegenheiten als einer Volkssache. Die Illusion, daß die allgemeine Angelegenheit allgemeine Angelegenheit, öffentliche Angelegenheit sei, oder die Illusion, daß die Sache des Volks allgemeine Angelegenheit sei. So weit ist es sowohl in unseren Staaten als in der Hegelschen Rechtsphilosophie gekommen, daß der tautologische Satz: »Die allgemeine Angelegenheit ist die allgemeine Angelegenheit«, nur als eine Illusion des praktischen Bewußtseins erscheinen kann. Das ständische Element ist die politische Illusion der bürgerlichen Gesellschaft. Die subjektive Freiheit erscheint bei Hegel als formelle Freiheit (es ist allerdings wichtig, daß das Freie auch frei getan werde daß die Freiheit nicht als bewußtloser Naturinstinkt der Gesellschaft herrsche) eben weil er die objektive Freiheit nicht als Verwirklichung, als Bestätigung der subjektiven hingestellt hat. Weil er dem präsumtiven oder wirklichen Inhalt der Freiheit einen mystischen Träger gegeben hat, so bekommt das wirkliche Subjekt der Freiheit eine formelle Bedeutung.

    Die Trennung des Ansichs und des Fürsichs, der Substanz und des Subjekts ist abstrakter Mystizismus.

    Hegel setzt in der Anmerkung das »ständische Element« recht sehr als ein »Formelles«, » Illusorisches« auseinander.

    Sowohl das Wissen als der Wille des »ständischen Elementes« sind teils unbedeutend, teils verdächtig; d.h., das ständische Element ist kein inhaltsvolles Komplement.

    »Die Vorstellung, die das gewöhnliche Bewußtsein über die Notwendigkeit oder Nützlichkeit der Konkurrenz von Ständen zunächst vor sich zu haben pflegt, ist vornehmlich etwa, daß die Abgeordneten aus dem Volk oder gar das Volk es am besten verstehen müsse, was zu seinem Besten diene, und daß es den ungezweifelt besten Willen für dieses Beste habe. Was das erstere betrifft, so ist vielmehr der Fall, daß das Volk, insofern mit diesem Worte ein besonderer Teil der Mitglieder eines Staats bezeichnet ist, den Teil ausdrückt, der nicht weiß, was er will. Zu wissen, was man will, und noch mehr, was der an und für sich seiende Wille, die Vernunft, will, ist die Frucht tiefer Erkenntnis« (die wohl in den Büros steckt) »und Einsicht. welche eben nicht die Sache des Volks ist.«

    Mehr unten heißt es in bezug auf die Stände selbst:

    »Die höchsten Staatsbeamten haben notwendig tiefere und umfassendere Einsicht in die Natur der Einrichtungen und Bedürfnisse des Staats sowie die größere |266| Geschicklichkeit und Gewohnheit dieser Geschäfte und können ohne Stände das Beste tun, wie sie auch fortwährend bei den ständischen Versammlungen das Beste tun müssen.«

    Und es versteht sich, daß bei der von Hegel beschriebnen Organisation dies vollständig wahr ist.

    2. »Was aber den vorzüglich guten Willen der Stände für das allgemeine Beste betrifft, so ist schon oben […] bemerkt worden, daß es zu der Ansicht des Pöbels, dem Standpunkte des Negativen überhaupt gehört, bei der Regierung einen bösen oder weniger guten Willen vorauszusetzen; – eine Voraussetzung, die zunächst, wenn in gleicher Form geantwortet werden sollte, die Rekrimination zur Folge hätte, daß die Stände, da sie von der Einzelnheit, dem Privatstandpunkt und den besonderen Interessen herkommen, für diese auf Kosten des allgemeinen Interesses ihre Wirksamkeit zu gebrauchen geneigt seien, dahingegen die anderen Momente der Staatsgewalt schon für sich auf den Standpunkt des Staates gestellt und dem allgemeinen Zwecke gewidmet sind.«

    Also Wissen und Willen der Stände sind teils überflüssig, teils verdächtig. Das Volk weiß nicht, was es will. Die Stände besitzen nicht die Staatswissenschaft im Maße der Beamten, deren Monopol sie ist. Die Stände sind überflüssig zum Vollbringen der »allgemeinen Angelegenheit«. Die Beamten können sie ohne Stände vollbringen, ja sie müssen trotz der Stände das Beste tun. Was also den Inhalt betrifft, so sind die Stände reiner Luxus. Ihr Dasein ist daher im wörtlichsten Sinne eine bloße Form.

    Was ferner die Gesinnung, den Willen der Stände betrifft, so ist er verdächtig, denn sie kommen vom Privatstandpunkt und den Privatinteressen her. In Wahrheit ist das Privatinteresse ihre allgemeine Angelegenheit und nicht die allgemeine Angelegenheit ihr Privatinteresse. Aber welche Manier der »allgemeinen Angelegenheit«, Form zu gewinnen als allgemeine Angelegenheit in einem Willen, der nicht weiß, was er will, wenigstens nicht ein besondres Wissen des Allgemeinen besitzt, und in einem Willen, dessen eigentlicher Inhalt ein entgegenstehendes Interesse ist!

    In den modernen Staaten, wie in Hegels Rechtsphilosophie, ist die bewußte, die wahre Wirklichkeit der allgemeinen Angelegenheit nur formell, oder nur das Formelle ist wirkliche allgemeine Angelegenheit.

    Hegel ist nicht zu tadeln, weil er das Wesen des modernen Staats schildert, wie es ist, sondern weil er das, was ist, für das Wesen des Staats ausgibt. Daß das Vernünftige wirklich ist, beweist sich eben im Widerspruch der unvernünftigen Wirklichkeit, die an allen Ecken das Gegenteil von dem ist, was sie aussagt, und das Gegenteil von dem aussagt, was sie ist.

    Statt daß Hegel zeigte, wie die »allgemeine Angelegenheit« für sich |267| »subjektiv, daher wirklich als solche existiere«, daß sie auch die Form der allgemeinen Angelegenheit hat, zeigt er nur, daß die Formlosigkeit ihre Subjektivität ist, und eine Form ohne Inhalt muß formlos sein. Die Form, welche die allgemeine Angelegenheit in einem Staat gewinnt, der nicht der Staat der allgemeinen Angelegenheit ist, kann nur eine Unform, eine sich selbst täuschende, eine sich selbst widersprechende Form Sein, eine Scheinform, die sich als dieser Schein ausweisen wird.

    Hegel will den Luxus des ständischen Elements nur der Logik zulieb. Das Fürsichsein der allgemeinen Angelegenheit als empirische Allgemeinheit soll ein Dasein haben. Hegel sucht nicht nach einer adäquaten Verwirklichung des »Fürsichseins der allgemeinen Angelegenheit«, er begnügt sich, eine empirische Existenz zu finden, die in diese logische Kategorie aufgelöst werden kann,. das ist dann das ständische Element: wobei er nicht verfehlt, selbst anzumerken, wie erbärmlich und widerspruchsvoll diese Existenz ist. Und dann wirft er noch dem gewöhnlichen Bewußtsein vor, daß es sich mit dieser logischen Satisfaktion nicht begnügt, daß es sich nicht die Wirklichkeit durch willkürliche Abstraktion in Logik aufgelöst, sondern die Logik in wahre Gegenständlichkeit verwandelt sehn will.

    Ich sage: willkürliche Abstraktion. Denn da die Regierungsgewalt die allgemeine Angelegenheit will, weiß, verwirklicht, aus dem Volk hervorgeht und eine empirische Vielheit ist (daß es sich nicht um Allheit handelt, belehrt uns Hegel ja selbst), warum sollte die Regierungsgewalt nicht als das »Fürsichsein der allgemeinen Angelegenheit« bestimmt werden können? Oder warum nicht die ,Stände« als ihr Ansichsein, da die Sache erst in der Regierung Licht und Bestimmtheit und Ausführung und Selbständigkeit gewinnt;|

    Aber der wahre Gegensatz ist: »Die allgemeine Angelegenheit« muß doch irgendwo im Staat als »wirkliche«, also »empirische allgemeine Angelegenheit« repräsentiert sein; sie muß irgendwo in der Krone und dem Talar des Allgemeinen erscheinen, wodurch es von selbst zu einer Rolle, einer Illusion wird.

    Es handelt sich hier um den Gegensatz des »Allgemeinen« als »Form«, in der »Form der Allgemeinheit«, und des »Allgemeinen als Inhalt«.

    Z.B. in der Wissenschaft kann ein »Einzelner« die allgemeine Angelegenheit vollbringen, und es sind immer Einzelne, die sie vollbringen. Aber wirklich allgemein wird sie erst, wenn sie nicht mehr die Sache des Einzelnen, sondern die der Gesellschaft ist. Das verändert nicht nur die Form, sondern auch den Inhalt. Hier aber handelt es sich um den Staat, wo das Volk selbst die allgemeine Angelegenheit ist; hier handelt es sich um den |268| Willen, der sein wahres Dasein als Gattungswille nur im selbstbewußten Willen des Volkes hat. Und hier handelt es sich überdem von der Idee des Staats.

    Der moderne Staat, in dem die »allgemeine Angelegenheit« wie die Beschäftigung mit derselben ein Monopol ist und dagegen die Monopole die wirklichen allgemeinen Angelegenheiten sind, hat die sonderbare Erfindung gemacht, die »allgemeine Angelegenheit« als eine bloße Form sich anzueignen. (Das Wahre ist, daß nur die Form allgemeine Angelegenheit ist.) Er hat damit die entsprechende Form für seinen Inhalt gefunden, der nur scheinbar die wirkliche allgemeine Angelegenheit ist.

    Der konstitutionelle Staat ist der Staat, in dem das Staatsinteresse als wirkliches Interesse des Volkes nur formell, aber als eine bestimmte Form neben dem wirklichen Staat vorhanden ist; das Staatsinteresse hat hier formell wieder Wirklichkeit erhalten als Volksinteresse, aber es soll auch nur diese formelle Wirklichkeit haben. Es ist zu einer Formalität, zu dem haut goût |der Würze| des Volkslebens geworden, eine Zeremonie. Das ständische Element ist die sanktionierte, gesetzliche Lüge der konstitutionellen Staaten, daß der Staat das Interesse des Volks oder daß das Volk das Staatsinteresse ist. Im Inhalt wird sich diese Lüge enthüllen. Als gesetzgebende Gewalt hat sie sich etabliert, eben weil die gesetzgebende Gewalt das Allgemeine zu ihrem Inhalt hat, mehr Sache des Wissens als des Willens, die metaphysische Staatsgewalt ist, während dieselbe Lüge als Regierungsgewalt etc. entweder sich sofort auflösen oder in eine Wahrheit verwandeln müßte. Die metaphysische Staatsgewalt war der geeignetste Sitz der metaphysischen, allgemeinen Staatsillusion.

    »Die Gewährleistung, die für das allgemeine Beste und die öffentliche Freiheit in den Ständen liegt, findet sich bei einigem Nachdenken nicht in der besonderen Einsicht derselben […] sondern sie liegt teils wohl in einer Zutat (!!) von Einsicht der Abgeordneten, vornehmlich in das Treiben der den Augen der höheren Stellen ferner stehenden Beamten, und insbesondere in dringendere und speziellere Bedürfnisse und Mängel, die [sie] in konkreter Anschauung vor sich haben, teils aber in derjenigen Wirkung, welche die zu erwartende Zensur Vieler und zwar eine öffentliche Zensur mit sich führt, schon im voraus die beste Einsicht auf die Geschäfte und vorzulegenden Entwürfe zu verwenden und sie nur den reinsten Motiven gemäß einzurichten – eine Nötigung, die ebenso für die Mitglieder der Stände selbst wirksam ist.«

    »Was hiermit die Garantie überhaupt betrifft, welche besonders in den Ständen liegen soll, so teilt auch jede andere der Staatsinstitutionen dies mit ihnen, eine Garantie des öffentlichen Wohls und der vernünftigen Freiheit zu sein, und es |269| gibt darunter Institutionen, wie die Souveränität des Monarchen, die Erblichkeit der Thronfolge, Gerichtsverfassung usf., in welchen diese Garantie noch in viel stärkerem Grade liegt. Die eigentümliche Begriffsbestimmung der Stände ist deshalb darin zu suchen, daß in ihnen das subjektive Moment der allgemeinen Freiheit, die eigene Einsicht und der eigene Wille der Sphäre, die in dieser Darstellung bürgerliche Gesellschaft genannt worden ist, in Beziehung auf den Staat zur Existenz kommt. D ß dies Moment eine Bestimmung der zur Totalität entwickelten Idee ist, diese innere Notwendigkeit, welche nicht mit äußeren Notwendigkeiten und Nützlichkeiten zu verwechseln ist, folgt, wie überall, aus dem philosophischen Gesichtspunkt.«

    Die öffentliche, allgemeine Freiheit ist in den andern Staatsinstitutionen angeblich garantiert; die Stände sind ihre angebliche Selbstgarantierung. Daß das Volk auf die Stände, in denen es selbst sich zu versichern glaubt, mehr Gewicht legt als auf die Institutionen, die ohne sein Tun die Assekuranzen seiner Freiheit sein soll[en], Bestätigungen seiner Freiheit, ohne Betätigungen seiner Freiheit zu sein. Die Koordination, welche Hegel den Ständen neben den andern Institutionen anweist, widerspricht ihrem Wesen.

    Hegel löst das Rätsel, wenn er die »eigentümliche Begriffsbestimmung der Stände« darin findet, daß in ihnen »die eigene Einsicht und der eigene Wille der bürgerlichen Gesellschaft in Beziehung auf den Staat zur Existenz kommt«. Es ist die Reflexion der bürgerlichen Gesellschaft auf den Staat. Wie die Bürokraten Abgeordnete des Staats an die bürgerliche Gesellschaft, so sind die Stände Abgeordnete der bürgerlichen Gesellschaft an den Staat. Es sind also immer Transaktionen zweier gegensätzlicher Willen.

    Im Zusatz zu diesem Paragraphen heißt es:

    »Die Stellung der Regierung zu den Ständen soll keine wesentlich feindliche sein, und der Glaube an die Notwendigkeit dieses feindseligen Verhältnisses ist ein trauriger Irrtum«,

    ist eine »traurige Wahrheit«.

    »Die Regierung ist keine Partei, der eine andere gegenübersteht.«

    Umgekehrt.

    »Die Steuern, die die Stände bewilligen, sind ferner nicht wie ein Geschenk anzusehen, das dem Staate gegeben wird, sondern sie werden zum Besten der Bewilligenden selbst bewilligt.«

    Die Steuerbewilligung ist im konstitutionellen Staat der Meinung nach notwendig ein Geschenk.

    »Was die eigentliche Bedeutung der Stände ausmacht, ist, daß der Staat dadurch in das subjektive Bewußtsein des Volks tritt, und daß es an demselben teilzuhaben anfängt.«

    |270| Das letztere ist ganz richtig. Das Volk in den Ständen fängt an, teilzuhaben am Staat, ebenso tritt er als ein jenseitiger in sein subjektives Bewußtsein. Wie kann Hegel diesen Anfang aber für die volle Realität ausgeben?

  2. Avatar von Eduard Gans
    Eduard Gans

    Die Stellung der Regierung zu den Ständen soll keine wesentlich feindliche sein, und der Glaube an die Notwendigkeit dieses feindseligen Verhältnisses ist ein trauriger Irrtum. Die Regierung ist keine Partei, der eine andere gegenübersteht, so daß beide sich viel abzugewinnen und abzuringen hätten, und wenn ein Staat in eine solche Lage kommt, so ist dies ein Unglück, kann aber nicht als Gesundheit bezeichnet werden. Die Steuern, die die Stände bewilligen, sind ferner nicht wie ein Geschenk anzusehen, das dem Staate gegeben wird, sondern sie werden zum Besten der Bewilligenden selbst bewilligt. Was die eigentliche Bedeutung der Stände ausmacht, ist, daß der Staat dadurch in das subjektive Bewußtsein des Volks tritt und daß es an demselben teilzuhaben anfängt.

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